Erhöhung der Beamtengehälter schmeckt nicht jedem

18.02.2011 
Redaktion
 
Während Beamtenbund applaudiert, kritisiert DGB das Verfahren
Foto: ddp

Stuttgart. Die Regierungskoalition will noch in dieser Legislaturperiode die Beamten- und Versorgungsbezüge erhöhen – und zwar zum 1. April um zwei Prozent. Sie brechen damit mit der jahrzehntelang geübten Praxis, dass die Besoldung erst nach den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst angepasst wird. In der Verbandsanhörung, zu der der Finanzausschuss an diesem Donnerstag in den Landtag eingeladen hatte, waren die Positionen zweigeteilt. Die Vertreter von Beamtenorganisationen sprachen sich für den Gesetzentwurf aus. Deutliche Kritik kam vom Deutschen Gewerkschaftsbund.

Der Vorsitzende des Beamtenbundes Baden-Württemberg (BBW), Volker Stich, begrüßte den Gesetzentwurf der Regierungskoalition „grundsätzlich und uneingeschränkt“. Angesichts der Einkommensforderung von Verdi und Beamtenbund für die Tarifbeschäftigten der Länder um fünf Prozent könne dies jedoch bloß ein erster Schritt sein. Stich lobte gleichwohl, dass mit dem Vorstoß der Landesregierung ein Schritt getan werde, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Land zu erhalten und zu verbessern. „Wir sehen hierin eine Würdigung der hervorragenden Arbeit der Beamtinnen und Beamten“, sagte er.

Zudem wird nach Ansicht des BBW mit dem Vorziehen der Besoldungserhöhung die Tatsache anerkannt, dass die Bezahlung im öffentlichen Dienst und speziell die der Beamten seit Jahren hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung hinterherhinke. Sie sei auch ein politisches Signal in den aktuellen Tarifverhandlungen. Der Christliche Gewerkschaftsbund schloss sich der Position des BBW ohne eigene Erklärung an.

Kluft in der Einkommensentwicklung beklagt

Die Kluft in der Einkommensentwicklung zwischen Wirtschaft und öffentlichem Dienst beklagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalratsvorsitzenden, Hans Reibold. Einer Studie der Arbeitsgemeinschaft zufolge hätten sich die Bruttoeinkommen in den vergangenen 30 Jahren so weit auseinanderentwickelt, dass inzwischen eine Lücke von 40 Prozent klaffe. Da sei die jetzt vorgeschlagene Erhöhung „ein wichtiger und richtiger aber nur ein kleiner Schritt“.

Die Kluft müsse auch wegen des drohenden Fachkräftemangels kleiner werden. Die Hauptpersonalräte erlebten schon heute bei Vorstellungsgesprächen Situationen, die zu denken gäben. So habe ein Ingenieur, als ihm im Vorstellungsgespräch sein künftiges Gehalt genannt worden sei, gefragt: Ist das in der Woche?

Mit der Wirtschaft Schritt zu halten ist auch eine der Forderungen des Vereins der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württemberg. Deren Vorsitzender Matthias Grewe begrüßte die Gesetzesinitiative der Regierungskoalition. Eine Erhöhung sei notwendig, um den Preisanstieg zu lindern. Völlig ausgleichen könnten die zwei Prozent die Inflation aber nicht. Deshalb müssten diesem ersten Schritt weitere folgen.

In diesem Sinne äußerte sich auch Klaus Sczepanek für den Bund Deutscher Kriminalbeamter. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber bloß ein Schritt. Alle Beamtenorganisationen erwarten, dass bei einem höheren Tarifabschluss auch die Besoldung und Anpassung der Versorgungsbezüge entsprechend nachgebessert.

DGB: Beteiligungsrecht wird ausgehebelt

Scharfe Kritik kam dagegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Bereits vor Beginn der Tarifverhandlung eine Besoldungserhöhung für Beamtinnen und Beamte vorzunehmen ist mehr als ungewöhnlich“, sagte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Marion von Wartenberg. Damit werde das Beteiligungsrecht der Spitzenorganisationen ausgehebelt. Für den DGB gelte der Grundsatz, dass die Besoldung dem Tarifergebnis folge - „und zwar zeit- und inhaltsgleich“.

Der DGB monierte, dass die lineare Erhöhung um zwei Prozent nicht einmal die Inflationsrate ausgleiche und den Beamten ein Realeinkommensverlust drohe. Und das gelte wegen des Anpassungsabschlags in noch stärkerem Maß für die Versorgungsempfänger.

Nicht nachvollziehbar ist für von Wartenberg, dass die besonderen Stellenzulagen für Feuerwehrbeamte im Einsatzdienst, Polizisten und Justizvollzugsbeamte sowie die Wechselschichtendienstzulage und andere Zulagen nicht erhöht werden sollen. Diese Erschwerniszulagen lägen schon heute deutlich unter denen des Bundes.

Die DGB-Vizevorsitzende forderte die Abgeordneten des Finanzausschusses auf, den Gesetzentwurf zu nutzen, um die Absenkung der Eingangsbesoldung ab der Besoldungsgruppe A 12 für drei Jahre wieder abzuschaffen. Dies sei kontraproduktiv für die Fachkräftegewinnung.

Opposition bestreitet Zeitdruck

Zu Beginn der Finanzausschuss- Sitzung hatte der Grünen-Abgeordnete Eugen Schlachter infrage gestellt, dass eine Abweichung vom gewöhnlichen Verfahren der schriftlichen Anhörung notwendig sei. Es bestehe bei der Besoldungserhöhung kein Zeitdruck. Dem widersprachen Vertreter der schwarz-gelben Koalition. Die Erhöhung sei für die Beamten wichtig, betonte Heiderose Berroth (FDP). Und ihr CDU-Kollege Manfred Hollenbach ergänztem dass bei einer schriftlichen Anhörung notwendige Fristen im Gesetzgebungsverfahren nicht eingehalten hätten werden können.


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