Stadtumbau: Leonberg will den Autoverkehr zurückdrängen

12.11.2021 
Redaktion
 

Foto: Stadt Leonberg

LEONBERG. Wie baut man eine Stadt von einer autogerechten zu einer sozial und klimagerechten Stadt um? Genau dafür will Leonberg (Kreis Böblingen) mit dem Projekt „Stadt für Morgen“ beispielgebend werden. Vor allem bei Stau auf der A 8 oder der A 81 ist die Kommune mit teilweise zwei Fahrspuren je Richtung schnell komplett lahmgelegt.

Wie ist die Ausgangssituation?

Die große Kreisstadt mit ihren rund 48 800 Einwohnern hat ein Verkehrsproblem. Und das nicht erst seit heute. Die Stadt, die zwischen den Autobahnen A 8 und A 81 liegt, hat sich seit den 1970er-Jahren zunehmend zu einer autogerechten Stadt entwickelt.

Vor allem bei Unfällen und Baustellen auf der Autobahn staut sich der Verkehr in jeder Richtung zum Teil zweispurig quer durch die Innenstadt. Das bedeutet zugleich wenig Aufenthaltsqualität für Fußgänger, Gefahren für Radfahrer und Busse, die im Stau feststecken. Hinzu kommt, dass häufig Autos Geh- und Radwege zuparken oder in Einfahrten oder Feuergassen stehen. Das soll sich ändern. In rund fünf Jahren soll der Stadtumbau abgeschlossen sein.

Was ist geplant?

Die Stadtverwaltung setzt nun mit Zustimmung des Gemeinderats die „Stadt für Morgen“ um. Das bedeutet einen Paradigmenwechsel: weg vom Auto hin zu einer sozial- und klimagerechten Stadt. Ziel ist ein Umbau der bisher auf das Auto ausgerichteten Stadtmitte und eine Neuverteilung der Verkehrsflächen. Dabei soll der Pkw-Verkehr nicht verboten werden, Ziel ist jedoch, ihn so stark zu reduzieren, dass er mit Fuß- und Radverkehr gleich gewichtet wird. Denn grundsätzlich ist Leonberg durchaus eine Stadt der kurzen Wege, von denen viele zu Fuß oder mit dem Fahrrad zeitsparend zurückgelegt werden könnten.

Deshalb soll künftig auch nur noch ein Fahrstreifen je Richtung für den Autoverkehr zur Verfügung stehen, um Raum für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Ein Verkehrsversuch soll zeigen, wie sich eine Vorrangspur für Bus- und Radverkehr in der Stadtmitte auswirkt.

Viele Aufenthaltszonen, begleitet von mehr Grün, sollen die Attraktivität der Stadtmitte deutlich erhöhen. Auch Asphalt wird, wo möglich, reduziert, um einerseits Versickerungsmöglichkeiten bei Starkregen zu schaffen und die Kanalisation zu entlasten und andererseits durch mehr Grün dazu beizutragen, dass sich die Innenstadt im Sommer weniger aufheizt.

Wie soll der Ausweichverkehr von den Autobahnen künftig aus der Stadt herausgehalten werden?

Dabei setzt Leonberg auf zwei Ansätze. Zum einen hat die Stadt ihren 30 Jahre alten Verkehrsrechner ersetzt. Dadurch können nun alle Ampelschaltungen in der Kommune überwacht werden. Hinzu kommen Zuflussregeln in die Stadt, sodass der Verkehr sich nicht mehr quer durch Leonberg stauen soll, sondern vor den Stadttoren. Zum anderen ist der Verkehrsrechner an den Mobilitätsrechner der Region Stuttgart angebunden. Dadurch können auf der Autobahn Stauzeiten bei einem Ausweichen durch Leonberg angezeigt werden.

Diese Maßnahmen sollen es auch den heimischen Handwerkern, Rettungsfahrzeugen vom Krankenhaus oder der Feuerwehr ermöglichen, schneller ans Ziel zu kommen.

Zugleich soll der Bahnhof als multimodaler Knotenpunkt noch besser vernetzt werden, um den Umstieg zwischen Bus, Fahrrad und S-Bahn zu erleichtern. Auch einen Anschluss an das Radschnellwegenetz strebt die Kommune an.

Was sind die Voraussetzungen für den Umbau?

Vor allem Zahlen und Fakten. So hat die Kommune ihren 30 Jahre alten Verkehrsrechner ersetzt, ein Referat intermodale Mobilität mit vier Mitarbeitern gegründet und führte Verkehrszählungen und -befragungen sowie eine Parkraumerhebung durch.

Wie wird der Stadtumbau finanziert?

Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) und der Gemeinderat rechnen mit rund 15 Millionen Euro. Die Stadt hofft auf Fördergelder aus dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG). Der Antrag für den ersten Abschnitt der Umbaumaßnahmen ist bereits gestellt.

Laut Verkehrsministerium hat sich das Land das Ziel von 500 lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitten bis 2030 gesetzt. Das spiegelt sich auch in neuen Fördertatbeständen im LGVFG wider.

Der Regelfördersatz beträgt 50 Prozent der zuwendungsfähigen Investitionskosten, hinzu kommt eine Planungskostenpauschale von derzeit 15 Prozent. Bei besonders klimafreundlichen Maßnahmen ist laut Verkehrsministerium auch ein Fördersatz von 75 Prozent möglich.

MEHR ZUM THEMA

Interview mit Oberbürgermeister Cohn:

https://kurzelinks.de/Stadt-fuer-morgen

Zur Förderung über das LGVFG:

https://kurzelinks.de/LGVFG-Mittel


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