Im Zusammenhang mit der in der neuen VOB/A stehenden Forderung, dass Vergabestellen „fortlaufend“ über beabsichtigte beschränkte Ausschreibungen informieren müssen, treten Unsicherheiten auf, die die Frist einzuhalten ist.
Vergabe24, das Online-Vergabeportal des Ausschreibungsdienstes Baden-Württemberg, hat unseren Partner Menold Bezler, Rechtsanwälte Stuttgart, hierzu um eine kurze Stellungnahme zur Klärung gebeten.
Demnach gilt für die Frist von beabsichtigten beschränkten Ausschreibungen folgendes:
„Dem Wortlaut zufolge müssen die Ankündigungen „fortlaufend“ erfolgen. Dies ist kein feststehender vergaberechtlicher Rechtsbegriff, insoweit sind uns entsprechende Entscheidungen von Vergabekammern bzw. Oberlandesgerichten, die diesen Zeitraum
konkretisieren würden, nicht bekannt.
In der Literatur findet sich lediglich bei dem online verfügbaren „Praxiskommentar Vergaberecht“ der Hinweis darauf, dass eine Vorlauffrist von 10 Kalendertagen nicht unterschritten werden sollte (Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht 2010, Kommentierung zu § 19 VOB/A, Ziffer 92.4.8, Rdn. 20, Stand 23.12.2010). Diese – nicht näher begründete – Aussage lässt sich unseres Erachtens auf eine Auslegung von Sinn und Zweck der Vorschrift stützen.
Unabhängig davon, ob man hieraus weitergehende Ansprüche des Bieters ableiten möchte oder nicht (gegen einen einklagbaren Anspruch: Portz in: Ingenstau/Korbion,
VOB/A, 2010, § 19 Rdn. 28, anderer Ansicht Stickler: in Kappelmann/Messerschmitt, VOB/A, 2010, § 19 Rdn. 33), lässt die Vorschrift jedenfalls erkennen, dass sie der Transparenz des Verfahrens dient. Insoweit kommt die Vorschrift der inzwischen durch das Europäische Gericht erster Instanz (EuG, Urteil vom 20.05.2010, Rs. T-258/06) bestätigten Mitteilung zu Unterschwellenwertverfahren der Europäischen Kommission vom 23.06.2006 (ABI. C Nr. 179 vom 01.08.2006, Seite 2 ff) entgegen (vgl. Fett: in Willenbruch, Wieddekind, § 19 VOB/A, 2011, § 19 Rdn. 17). In dieser Mitteilung weist die EU-Kommission unter Ziffer 2.1.1 darauf hin, dass die Verpflichtung zur Transparenz beinhaltet, dass der Auftraggeber zu Gunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen muss, der den Markt dem Wettbewerb öffnet. Demnach bedeutet die Verpflichtung zur Transparenz, dass betroffene Unternehmen vor der Vergabe Zugang zu angemessenen Informationen über den jeweiligen Auftrag haben müssen, so dass sie ggf. ihr Interesse am Erhalt des Auftrags bekunden können.
Daher ist die Annahme nahe liegend, dass diese Transparenz dem Bieter eine hieran anschließende Teilnahme an der beschränkten Ausschreibung ermöglichen soll. Dementsprechend ist es sachgerecht, eine Frist zumindest so lange zu bemessen, dass
diese Teilnahme zeitlich auch möglich ist. Dies müsste dann in Abhängigkeit des jeweiligen Gegenstands des Auftrags im Einzelfall bestimmt werden. Der für eine sachgerechte Angebotserstellung erforderliche zeitliche Vorlauf dürfte dabei regelmäßig länger sein als die auch bei Dringlichkeit nicht zu unterschreitende Angebotsfrist von 10 Kalendertagen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 VOB/A ist im Rahmen einer ausreichenden Angebotsfrist insbesondere der zusätzliche Aufwand für die Besichtigung von Baustellen oder die Beschaffung von Unterlagen für die Angebotsbearbeitung zu berücksichtigen.
Entsprechend ist bei einer beschränkten Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb sicherzustellen, dass die zur Verfügung stehende Zeit ausreicht, um einen Teilnahmeantrag zu stellen. Insoweit normieren die allgemeinen Vorschriften
keine konkreten Mindestfristen.
Wendet man die oberhalb der Schwellenwerte in § 10a Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. Nr. 4 VOB/A geregelte Frist entsprechend an, so wäre auch hier eine Bewerbungsfrist von mindestens 10 Kalendertagen selbst bei Dringlichkeit ebenfalls nicht zu unterschreiten. Da der Tatbestand der Dringlichkeit restriktiv auszulegen ist, ist insoweit ohne Hinzutreten besonderer Umstände ebenfalls regelmäßig eine längere Frist geboten.“ vom 21.01.2011
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