Teil 4 unserer Serie: Elektronische Mittel, Signaturen und Siegel

13.11.2018
Von: Patrick Thomas
Expertenbeitrag

Seit dem 19.10.2018 muss die eVergabe nun von den Auftraggebern vollumfänglich umgesetzt werden. Der letzte Teil unserer Serie widmete sich bereits dem Grundsatz aus § 53 Abs. 1 VgV: Danach übermitteln Unternehmen ihre Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote in Textform nach § 126b BGB mithilfe elektronischer Mittel gemäß § 10 VgV (vgl. für Bauaufträge auch § 11 EU Abs. 4 VOB/A). Nun gilt es, die diesbezüglichen Ausnahmen und die Verwendung elektronischer Signaturen und Siegel in den Blick zu nehmen.

Ausnahmen von der Pflicht zur Nutzung elektronischer Mittel

Unter bestimmten Voraussetzungen können die Auftraggeber von der Nutzung elektronischer Mittel absehen. So sind sie gem. § 53 Abs. 2 VgV nicht verpflichtet, die Einreichung von Angeboten mithilfe elektronischer Mittel zu verlangen, wenn es wegen der besonderen Art der Auftragsvergabe und der fehlenden Kompatibilität, der vorausgesetzten Dateiformate oder Bürogeräte nicht möglich erscheint (§ 41 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VgV) oder wenn zugleich physische oder maßstabsgetreue Modelle einzureichen sind, die nicht elektronisch übermittelt werden können (vgl. für Bauaufträge auch § 11b EU Abs. 1 und 3 VOB/A). § 53 Abs. 4 VgV beinhaltet zudem weitere Ausnahmen, die bei Vorliegen eines besonderen Schutz- oder Sicherheitsbedürfnisses genutzt werden können (vgl. für Bauaufträge § 11b EU Abs. 4 VOB/A). In diesen Fällen erfolgt die Kommunikation beispielsweise auf dem Postweg. Allerdings kann nur bei den Teilen der Vergabeunterlagen auf die elektronischen Mittel verzichtet werden, bei denen auch tatsächlich die Voraussetzungen vorliegen, wie es die Verordnungsbegründung ausdrücklich feststellt.

Elektronische Signaturen und Siegel

Der Auftraggeber prüft gem. § 53 Abs. 3 VgV, ob zu übermittelnde Daten erhöhte Anforderungen an die Sicherheit stellen. Soweit es erforderlich ist, kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur (Nr. 1), einer qualifizierten elektronischen Signatur (Nr. 2), einem fortgeschrittenen elektronischen Siegel (Nr. 3) oder einem qualifizierten elektronischen Siegel (Nr. 4) zu versehen sind (vgl. für Bauaufträge § 11 EU Abs. 5 VOB/A). Zunächst legt der Auftraggeber also ein Sicherheitsniveau fest, welches das Ergebnis einer Einzelfallabwägung zwischen der Unversehrtheit der Daten und dem Erfordernis zur korrekten Authentifizierung der Datenquelle auf der einen und den – von nicht berechtigten Datenquellen und/oder von fehlerhaften Daten ausgehenden – Gefahren auf der anderen Seite darstellt. Soweit der Auftraggeber zu dem Ergebnis gelangt, dass erhöhte Anforderungen an die Sicherheit gestellt werden, liegt es schließlich in seinem Ermessen, die Nutzung elektronischer Signaturen oder Siegel zu verlangen.

Der Beitrag ist Teil einer Serie zum Thema der eVergabe. Schritt für Schritt soll den Leserinnen und Lesern so der Einstieg in die Materie ermöglicht werden. Der nächste Beitrag widmet sich der diesbezüglichen aktuellen Rechtsprechung der Vergabekammern und -senate.

Über den Autor:

Patrick Thomas ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht in der Sozietät HFK Rechtsanwälte LLP und Teil des standortübergreifenden Fachteams für Vergaberecht. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt auf der vergaberechtlichen Beratung von Auftraggebern und Bietern aus der Bau- und der Versorgungswirtschaft. In Kürze erscheint im Verlag C.H.Beck das Werk „eVergabe“ aus der Reihe PraxisWissen Vergaberecht. In diesem von Patrick Thomasmitherausgegebenen Werk wird das Thema E-Vergabe umfassend erläutert.

Kontakt: 
Patrick Thomas
Telefon 069.97 58 22 156 
Telefax 069.97 58 22 225 
thomas(at)hfk.de 
www.hfk.de

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