Bei der Diskussion um die neuen EU-Richtlinien und deren Umsetzung in nationales Recht gibt es viele Betroffene. Martin Hake, Leiter der Zentralen Vergabestelle der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (ZV-BMEL) in Bonn, etwa sieht einige Probleme. In einem Gespräch mit Cebra, Zeitschrift für effiziente Beschaffung, bemängelt er, dass das Ziel, das Vergaberecht zu vereinfachen, verfehlt werde. Er befürchtet ein weiteres Auseinanderdriften zwischen dem nationalen und europäischen Vergaberecht. „Damit wird das Vergaberecht auch für die potenziellen Bieter immer komplexer und unübersichtlicher“, so Hake.
Weitere Schwierigkeiten birgt für Hake die verbindliche Einführung elektronischer Kommunikation im Vergabeverfahren. Der weitgehend digitalisierte Beschaffungsprozess soll für effizientere Vergabeverfahren sorgen. Für Standard- und Katalogware sei die elektronische Beschaffung sinnvoll. Er befürchtet aber, dass die ausschließliche Nutzung in einigen Bereichen am Markt vorbeigehe, da viele kleine und mittlere Unternehmen „Schwierigkeiten haben werden, immer auf die Ausschreibungen mit elektronischen Angeboten zu reagieren“, so Hake. „Des Weiteren wird es schwer zu vermitteln sein, warum unterhalb des Schwellenwertes anders gehandelt werden kann, als oberhalb“, ergänzt er.
Bei aller Kritik teilt der Leiter der ZV-BMEL die Ansicht von Experten, dass es gut sei, Nachhaltigkeitsaspekte nicht mehr als „vergabefremde“ Kriterien eingestuft sind. „Sie werden nach dieser Reform noch mehr gestärkt und als Teil der Leistungsanforderung ausgeprägt werden“, sagt Hake.
Ein Blick in die Zukunft offenbare Potenziale im Vergaberecht: „Langfristig ist es sinnvoll, die Vergabearten gleichzustellen, sofern dabei die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Wirtschaftlichkeit vollumfänglich eingehalten werden“, erläutert Hake.
Darüber hinaus werde es wichtig werden, über Angebote noch verhandeln zu können. Denn neben den wichtigen monetären Aspekten kämen häufig die Qualitätsgesichtspunkte zu kurz. Hake fragt: „Warum sollte man nach der Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht noch über dieses verhandeln können, um die Qualität zu sichern?“
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