„Das Wettbewerbswesen ist auf den Hund gekommen“

07.02.2014
Von: Wolfgang Leja
Redaktion

Alexander Wetzig sorgt sich über das geringe Interesse von öffentlichen Auftraggebern an offenen Wettbewerben. „Das Wettbewerbswesen ist auf den Hund gekommen“, provozierte der Baubürgermeister der Stadt Ulm auf dem Vergabetag in Stuttgart. Für Wetzig ist der Wettbewerb ein „unverzichtbares Element einer qualitätvollen Stadtentwicklung“. Der baukulturelle Erfolg in Ulm der vergangenen Jahre beruhe auf einer lebendigen Wettbewerbskultur.

Risikominimierung statt Ideenmaximierung

Viele öffentliche Bauherren scheinen das anders zu sehen: „Ihnen fehlt es an Mut, Wettbewerbe auszuloben“, kritisierte Wetzig. Vielen sei es wichtiger, keine Fehler im Verfahren zu mache, um bloß nicht vor die Vergabekammer zu kommen, sagte er. Es werde Risikominimierung betrieben statt Ideenmaximierung. Das Ziel sei aber nicht die Anwendung des Vergaberechts, sondern die Entwicklung von Ideen.

Rückendeckung bekam Wetzig aus dem Finanz- und Wirtschaftsministerium. „Wettbewerbe nutzen öffentlichen Bauherren“, warb Ministerialdirektor Rolf Schumacher. Rund 40 Planungswettbewerbe hat die staatliche Hochbauverwaltung in den vergangenen 15 Jahren ausgelobt. „Bauherren erhalten für ihr Geld anstatt eines einzigen Entwurfs einen ganzen Strauß von Alternativen“, sagte Schumacher. Oft würden dadurch Lösungen präsentiert, die einem Bauvorhaben ganz neue Dimensionen eröffneten oder es wirtschaftlicher gestalten würden. Die Auslober forderte Schumacher auf, Wettbewerbsleistungen auf das für die Lösung notwendige Maß zu beschränken, um dadurch den Aufwand für Planungsbüros zu minimieren.

Ein Problem der neuen Richtlinie für Planungswettbewerbe sei laut Schumacher, dass Abweichungen von der prämierten Wettbewerbsarbeit nicht mehr gestattet seien. „Wie erklären Sie einem Bauherrn, dass er zwar sein Bauvorhaben finanzieren soll, er aber keinen Einfluss auf die Planungen seines Architekten hinsichtlich wirtschaftlicher sowie funktioneller oder konstruktiver Erfordernisse hat?“, sagte er.

Bei Gerd Grohe, der als Preisrichter und Wettbewerbsbetreuer bei der Architektenkammer Baden-Württemberg tätig ist, traf er damit auf Verständnis. „Die öffentlichen Auftraggeber geben Verantwortung an ein Fachgremium ab“, sagte er. Das erzeuge Angst und Sorge. Dennoch sei eine neue Vergabekultur nötig. Allein schon, weil die Anforderungen an die Baukultur immer komplexer werden, so Grohe.

Akzeptanzprobleme hat das Wettbewerbsverfahren vielerorts auch, weil es teurer zu sein scheint als eine Direktvergabe. Doch das widerlegte Grohe anhand von Ergebnissen einer Untersuchung: „Die Verfahrenskosten von Wettbewerben liegen zwischen einem und drei Prozent. Das Einsparpotenzial bei den Baukosten schätzte Grohe auf vier bis zehn Prozent. Unterm Strich seien Wettbewerbe für die Auslober zwischen drei und sieben Prozent günstiger als VOF-Verfahren.

Für Wolfgang Riehle, den Präsidenten der Architektenkammer, bietet eine konkurrierende Planung die größte Chance, beste architektonische Qualität zu wirtschaftlich angemessenen Preisen zu erhalten. „Mit einer direkten, also „konkurrenzlosen“ Vergabe haben Sie am Ende zwar einen Planer und vielleicht auch ein aus Ihrer Sicht zunächst günstiges Vertragsverhältnis, aber Sie haben eben im Zweifel kein im Vergleich wirklich qualitätvolles und vor allem kein wirtschaftlich optimiertes Projekt“, sagte er.

Interdisziplinäre Wettbewerbe bieten höhere Kostensicherheit

Andreas Herrmann vom Wettbewerbsausschuss der Ingenieurkammer warb für interdisziplinäre Wettbewerbe. „Unsere Regularien lassen sie genauso zu wie konventionelle Wettbewerbe“, sagte er. Für den Bauherrn hätten sie zahlreiche Vorteile: Neben geringeren Risiken und Kosten bei der Vergabe bieten integrierte Entwurfskonzepte auch eine höhere Kosten- und Terminsicherheit, so Hermann.

Hier erhalten Sie die <media 16977 _blank>Teilnahmeunterlagen</media> zum download.

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