Im Vergaberecht gilt das Gebot der Losaufteilung (vgl. § 97 Abs. 4 GWB, § 30 VgV, § 27 SektVO). Um mittelständischen Unternehmen eine Wettbewerbsteilnahme um den jeweiligen Auftrag zu ermöglichen, ist die zu vergebende Leistung in kleinere Auftragseinheiten aufzuteilen - entweder nach Menge (Teillos) oder nach Art und Fachgebiet (Fachlos).
Die losweise Vergabe ist damit der Regelfall. Ausnahmsweise dürfen aber mehrere Lose zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (§ 97 Abs. 4 Satz 2 GWB). Ob ein Ausnahmefall vorliegt, muss der Auftraggeber anhand vollständiger und zutreffender Tatsachen entscheiden, indem er anerkennenswerte Gründe für eine Gesamtvergabe und dagegensprechende Gründe umfassend gegeneinander abwägt. Dieser Prozess ist detailliert und umfassend zu dokumentieren (VK Bund, 18.11.2016 - VK 1-98/16). Dass eine losweise Vergabe aufwändiger ist und Koordination an Schnittstellen zu anderen Losen hervorruft, hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, sodass dies allein keine einheitliche Vergabe rechtfertigt (VGH Bayern, 22.05.2017 - 4 ZB 16.577).
Bestätigte anerkennenswerte Gründe für eine Gesamtvergabe sind z. B.: fehlender Markt für die Teilleistung (VK Bund, 09.05.2017 – VK 2-34/17), interdisziplinärer Managementaufwand bei voneinander abhängigen Teilkomponenten (VK Berlin, 16.08.2016 - VK- B 1-23/16), Risiko von Qualitätseinbußen bei nicht zusammenpassenden Teilleistungen (VK Bund, 06.12.2016 - VK 1-118/16), Haftungs- und urheberrechtliche Probleme (VK Bund, 04.01.2016 - VK 2-125/15), Spezialentwicklung (VK Bund, 07.12.2015 - VK 2-105/15), einheitliche Steuerung von Systembestandteilen (OLG Düsseldorf, 25.04.2012 - Verg 100/11) , drohende Auftragszersplitterung (OLG Düsseldorf, 22.10.2009 - Verg 25/09).
Über den Autor:
Melina Eberts, LL.M. ist Rechtsanwältin in Heppenheim mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Bau- & Immobilienrecht. Sie berät ihre Mandanten insbesondere bei der Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung. Als freie Mitarbeiterin unterstützt sie die Redaktion von „ibr-online“ und „vpr-online“ und ist Ansprechpartnerin für das Vergaberecht. Dabei bereitet sie aktuelle gerichtliche Entscheidungen auf und betreut die Online-Dienste, sowie die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „VPR – Vergabepraxis & -recht“.
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Melina Eberts
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