Verlangt ein öffentlicher Auftraggeber außerhalb von Planungswettbewerben von den Bewerbern Lösungsvorschläge in Form von Entwürfen, Plänen oder anderen Unterlagen, so ist für diese Planungsaufgaben für alle Bewerber einheitlich eine angemessene Vergütung festzusetzen, sofern keine gesetzliche Gebühren- oder Honorarordnungen anzuwenden sind (§ 77 Abs. 2, 3 VgV).
Doch was ist ein Lösungsvorschlag?
Von einem Lösungsvorschlag wird gesprochen, wenn vor Beginn des Vergabeverfahrens die Lösung noch nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar und es die Aufgabe der Bieter ist, diese selbst zu erarbeiten. Damit ermöglichen Lösungsvorschläge es dem Auftraggeber, im Rahmen eines Planungswettbewerbs, Verhandlungsverfahrens oder wettbewerblichen Dialogs herauszufinden, welcher Anbieter die für ihn beste Lösung vorschlägt.
Lösungsvorschläge müssen einerseits abgegrenzt werden von nicht entgeltlichen Leistungen zur Erstellung der Bewerberunterlagen und andererseits solchen Planungsleistungen, die den Rahmen von Lösungsvorschlägen sprengen.
Nach der Rechtsprechung ist unter Lösungsvorschlag eine mehr als qualitativ und quantitativ branchenübliche Bewerberleistung (OLG München, IBR 2016, 627, OLG Koblenz, IBR 2014, 237) zu verstehen. „Darstellungen“ und „Images“ sind dagegen keine Lösungsvorschläge (VK Sachsen, VPR 2019, 100).
Der Begriff der „Ideenskizze“ gehört ausschließlich in den Bereich „Planungswettbewerbe“ nach §§ 69, 79 VgV, nicht zum Bereich der Vergabe von Architekten- und Ingenieurverträge.
Der Grundsatz, dass Lösungsvorschläge zu vergüten sind, kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass nach den Ausschreibungsunterlagen auf das Wort „Lösungsvorschlag“ verzichtet und stattdessen sprachlich-taktische Bezeichnungen gewählt werden, wie etwa „Ideenskizze“ oder „Konzeptidee“.
Auch der eindeutige schriftliche Hinweis, dass ausgearbeitete Lösungsvorschläge nicht als solche anzusehen wären, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die in Wahrheit notwendigen, wertungsrelevanten Lösungsvorschläge auch als solche angesehen und vergütet werden müssen (VK Sachsen, VPR 2019, 100).
Für die Frage der Vergütung von Planungsleistungen im Vergabeverfahren kommt es also allein darauf an, ob die geforderten „Ideenskizzen“ oder „Lösungsvorschläge“ den Planungsanforderungen bestimmter Leistungsphasen der HAOI zugeordnet werden können. Liegt eine Grundleistung der HOAI vor, gilt auch die dort vorgesehene Vergütung (VK Westfalen, VPR 2019, 101).
Über den Autor:
Melina Eberts, LL.M. ist Rechtsanwältin in Heppenheim mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Bau- & Immobilienrecht. Sie berät ihre Mandanten insbesondere bei der Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung. Als freie Mitarbeiterin unterstützt sie die Redaktion von „ibr-online“ und „vpr-online“ und ist Ansprechpartnerin für das Vergaberecht. Dabei bereitet sie aktuelle gerichtliche Entscheidungen auf und betreut die Online-Dienste, sowie die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „VPR – Vergabepraxis & -recht“.
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Melina Eberts
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