Vergaberechtliche Selbstreinigung

07.01.2019
Von: Regina Dembach
Expertenbeitrag

Bei Vorliegen von Ausschlussgründen nach §§ 123 oder 124 GWB kann ein Bieter durch den Nachweis sog. Selbstreinigungsmaßnahmen verhindern, vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden.

Der Bieter muss die in § 125 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 GWB aufgeführten Vorgaben kumulativ erfüllen. Hierfür trägt der Bieter die Darlegungs- und Beweislast. Sodann bewertet der öffentliche Auftraggeber nach § 125 Abs. 2 GWB die ergriffenen Selbstreinigungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Schwere und der besonderen Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens.

Der EuGH hat mit Urteil vom 24. Oktober 2018 (Rs.: C-124/17) die Anforderungen an eine erfolgreiche Selbstreinigung — insbesondere zu § 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB — näher konkretisiert.

Danach kann von einem Unternehmen, welches seine Zuverlässigkeit trotz Vorliegens von Ausschlussgründen nachweisen möchte, eine aktive Zusammenarbeit, nicht nur mit der Ermittlungsbehörde, sondern auch mit dem öffentlichen Auftraggeber verlangt werden. Dies gilt zumindest dann, sofern sich die Zusammenarbeit auf Maßnahmen beschränkt, die für die Prüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmens unbedingt erforderlich sind.

Im zugrundeliegenden Verfahren bedeutete dies, dass der öffentliche Auftraggeber die Vorlage der entsprechenden Entscheidung der Kartellbehörde verlangen kann, selbst wenn die Übermittlung eines solchen Dokuments die Durchführung einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage des öffentlichen Auftraggebers gegen den Bieter erleichtern könnte.

Auch kann der öffentliche Auftraggeber Belege dafür einfordern, dass die vom Bieter benannten Selbstreinigungsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, weiteres Verhalten der beanstandeten Art wirksam zu verhindern. Schließlich sieht der EuGH das „betreffende Ereignis“ (§ 126 Nr. 2 GWB), ab welchem sich der Zeitraum für den Ausschluss von Vergabeverfahren bei behördlich geahndeten Kartellverstößen berechnet, in der Behördenentscheidung selbst.

Mit dem EuGH-Urteil besteht nun Rechtssicherheit hinsichtlich des maßgeblichen Ausschlusszeitraums bei Kartellverstößen. Eine Frage des Einzelfalls wird es jedoch sein, welche Maßnahmen der Zusammenarbeit für die Prüfung der Zuverlässigkeit „unbedingt erforderlich“ sind.

 

Über den Autor: 

Regina Dembach, Europajuristin (Univ. Würzburg) ist Rechtsanwältin bei der EY Law GmbH an den Standorten Eschborn sowie Mannheim. Frau Dembach berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Vergaberecht und Beihilfenrecht sowie im ÖPNV-Sektor.

Kontakt:

Regina Dembach
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