Nach dem Bundesrechnungshof in Bonn wird nun auch der Landesrechnungshof in Karlsruhe eine Bilanz der Vergabeerleichterungen des Konjunkturpakets II ziehen. Derzeit befindet sich die beratende Äußerung, die kurz vor Ostern veröffentlicht werden soll, noch in der Anhörung. Einiges spricht dafür, dass sie ähnlich kritisch ausfällt wie der Bericht, den die Bundesbehörde am vergangenen Donnerstag in Bonn vorstellte.
Darin fällt der Bundesrechnungshof ein vernichtendes Urteil. Die erhöhten Wertgrenzen, die auf Bundesebene von Anfang 2009 bis Ende 2010 galten – und auf Ebene der meisten Länder sogar bis Ende 2011 – haben ihr wichtigstes Ziel verfehlt: Die durchschnittliche Dauer der Vergabeverfahren ist bloß marginal gesunken (siehe Grafik). Keine einzige Maßnahme wurde entscheidend verkürzt. Insbesondere bei großen Bauvorhaben war der zeitliche Gewinn vernachlässigbar.
Gleichzeitig lagen die Ausgaben der öffentlichen Hand bei beschränkten Verfahren und freihändigen Verfahren deutlich über denen in öffentlichen Verfahren. Das Bundesbauministerium beispielsweise errechnete, dass freihändig vergebene Aufträge den Bund 22,2 Prozent mehr kosteten als solche, denen eine öffentliche Ausschreibung vorausgegangen war.
Außerdem bemängelt der Bundesrechnungshof den Verlust an Transparenz und Wettbewerb. Die Zahl der Angebote gingen im Hochbau im Vergleich zu den Zeiten, da noch die alten Wertgrenzen galten, um 15 Prozent zurück. Die Veröffentlichung der Teilnehmer von beschränkten Ausschreibungen im Internet – die sogenannte Ex-Post-Transparenz – fand in vielen Fällen nicht statt.
Nicht bewährt hat sich nach Ansicht des Bundesrechnungshofs auch die bevorzugte Berücksichtigung präqualifizierter Anbieter bei beschränkten Ausschreibungen. Das liegt zum einen daran, dass bloß 0,3 Prozent der deutschen Bauunternehmen eine solche Vorprüfung durchlaufen haben. Zum anderen decken die Präqualifikationsnachweise nicht alle Anforderungen der Vergabestellen ab.
Die vom Bundesrechnungshof untersuchten Behörden haben die Freiheit, beschränkt auszuschreiben oder freihändig zu vergeben, wenn der Auftragswert unter einer Million respektive 100 000 Euro lag, unterschiedlich intensiv genutzt. Völlig darauf verzichtet wurde im Straßenbau. Anders dagegen im Hochbau, wo die Anwendung vielerorts die Regel war.
Auch im Südwesten wurden die erhöhten Wertgrenzen nicht flächendeckend angewandt. Freiburg etwa schrieb auch von 2009 bis 2011 die meisten Aufträge öffentlich aus. Beim Landesbetrieb „Vermögen und Bau“ galt die Regel, dass auf eine öffentliche Ausschreibung dann verzichtet wurde, wenn ein Zeitgewinn realistisch erschien. Man habe „mit gebremstem Schaum“ agiert, berichtet Vergabereferent Jürgen Kindl, der erhöhte Wertgrenzen kritisch beurteilt.
Ähnlich sieht dies auch der Landesbetrieb „Bundesbau“ Baden-Württemberg, der der Oberfinanzdirektion Karlsruhe untersteht. Angesichts der Ergebnisse – keine wesentliche Beschleunigung, teilweise weniger Wettbewerb und teilweise höhere Korruptionsrisiken – hätten sich die erhöhten Wertgrenzen nicht bewährt.
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