KARLSRUHE/STUTTGART. Lediglich wenn wirtschaftliche und technische Gründe dies rechtfertigen, dürfen in begründeten Ausnahmefällen Generalunternehmer beauftragt werden. Es reicht nicht aus, dass die Vergabestelle auf allgemeine Vorteile einer solchen Vergabe verweist, etwa auf ihren geringeren Koordinierungsaufwand oder die leichtere Durchsetzung etwaiger Mängelansprüche.
In ihrem vor Kurzem veröffentlichten Geschäfts- und Kommunalfinanzbericht 2011 moniert die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) diese Fälle der unzulässigen Generalunternehmerausschreibungen im Land. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen sei nämlich, mittelständische Unternehmen zu fördern und deren Chancengleichheit im Wettbewerb mit Großunternehmen sicherzustellen (siehe Kasten). Die Vergabe an Generalunternehmer erfülle diese rechtliche Forderung in aller Regel nicht.
Auch wenn der Generalunternehmer einen Teil seines Auftrags an Nachunternehmer weitergibt – was meist der Fall sein dürfte –, wird das Vergaberecht missachtet. Mittelständler sollen gerade nicht bloß als Nachunternehmer tätig werden, sondern sich auf direktem Weg um öffentliche Aufträge bewerben können. Hier setzt auch die Kritik von Ruth Baumann vom Straßburger Arbeitskreis der Unternehmerfrauen im Handwerk an. Die Präsidentin dieses Netzwerks deutscher und französischer mittelständischer Unternehmer, Verbände und Selbstständiger monierte jüngst, dass Generalunternehmer solange Nachverhandlungen – unabhängig von den in ihren Angeboten genannten Subunternehmern – führen würden, bis sie den Billigsten gefunden hätten.
Die GPA tritt in ihrem diesjährigen Geschäfts- und Kommunalfinanzbericht auch der Auffassung entgegen, dass zusammengefasste Lose zu günstigeren Angeboten führen. Im Gegenteil: Man gehe davon aus, dass die getrennte Beauftragung von Einzelunternehmen wirtschaftlicher sei als die Vergabe der Gesamtleistung an einen Generalunternehmer, teilt die Kommunalprüfungsanstalt mit. Schließlich müsse der Generalunternehmer zusätzliche Aufwendungen, etwa für die interne Koordinierung seiner Nachunternehmer, kalkulatorisch berücksichtigen.
Einen aus mehreren Losen gebildeten Großauftrag hält die GPA im konkreten Einzelfall etwa dann für gerechtfertigt, wenn die enge ausführungstechnische Verzahnung einzelner Gewerke eine spätere Zuordnung der Verantwortlichkeiten im Falle von Mängeln schwierig oder unmöglich machen würde. Sie verweist dazu auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Juli 2007 (Verg 10/07), das ein gemeinsames Los für eine Lärmschutzmaßnahme akzeptiert hat, bei der eine Lärmschutzwand auf einem zuvor erstellten Lärmschutzwall errichtet wurde.
In der Praxis werden Vergaben an Generalunternehmer nicht selten pragmatisch gehandhabt. So verzichtete die südbadische Gemeinde Denzlingen vor wenigen Wochen auf die losweise Ausschreibung einer Zwei-Feld-Sporthalle. Begründet wurde der im Gemeinderat nicht unumstrittene Beschluss damit, dass Zuschüsse nur bei einer Fertigstellung bis Ende 2012 gewährt würden. Dieser Zeitdruck und personelle Engpässe beim Planungsbüro und im Gemeindebauamt sprächen für den Auftrag an einen Generalunternehmer.
Eine wenig mittelstandsfreundliche Vergabepraxis wird auch dem Land immer wieder bei Großprojekten vorgehalten. Vehement, aber erfolglos zog die damals oppositionelle SPD-Fraktion Ende 2008 gegen den Auftrag für einen Ministeriumsneubau an einen Generalunternehmer zu Felde.
Auch bei der Ausschreibung für den Neubau der Polizeidirektion Ravensburg Ende des vergangenen Jahres befürchtete die SPD-Fraktion, dass „sämtliche Aufträge am regionalen Handwerk vorbei gehen“ würden. Im Wirtschaftsausschuss wurden in der letzten Sitzung vor der Landtagswahl Zahlen offen gelegt. Demnach sind zuletzt zehn bis 15 Prozent der Gesamtauftragssumme an Generalunternehmer und Investoren vergeben worden, während das restliche Auftragsvolumen des Landes gewerkeweise ausgeschrieben wurde.
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