Die Bestimmungen zum Begriff des öffentlichen Auftraggebers finden sich in den §§ 98 bis 101 GWB.
Öffentliche Auftraggeber sind nach § 99 Nr. 1 und 3 GWB Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen sowie die aus ihnen bestehenden Verbände. Bund, Länder und Kommunen sind damit klassische öffentliche Auftraggeber.
§ 99 Nr. 2 GWB erfasst darüber hinaus juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Gebietskörperschaften sie überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben.
§ 99 Nr. 4 GWB ordnet ferner natürliche oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts für die Ausführung bestimmter Vorhaben als öffentliche Auftraggeber ein. Dies gilt für die Durchführung von bestimmten Bauaufträgen (Tiefbaumaßnahmen oder Errichtung von sozialen und öffentlichen Einrichtungen) oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe, sofern sie mit mehr als 50% aus öffentlichen Mitteln subventioniert werden.
Ergänzend sind in den §§ 100 und 101 GWB die weiteren dem Vergaberecht unterworfenen Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber geregelt.
Der öffentliche Auftraggeberbegriff ist grundsätzlich weit und funktional zu verstehen. Die institutionelle Zugehörigkeit zum Staat ist damit nicht ausschlaggebend, vielmehr ist stets anhand des konkreten Einzelfalls zu prüfen, ob die betreffende Einheit dem Vergaberecht unterliegt.
Schwierigkeiten bei der Abgrenzung
Abgrenzungsprobleme ergeben sich unter anderem bei der Förderung von Bauvorhaben. Mit Beschluss vom 16. November 2018 hat sich beispielsweise die VK Bund (Az.: VK 1–99/18) mit dieser Frage befasst.
Nach Auffassung der Kammer komme es bei der Bewertung des Förderanteils im Rahmen des § 99 Nr. 4 GWB nicht auf eine umfassende Betrachtung des Gesamtvorhabens an, sondern nur auf die vom jeweiligen Einzellos umfassten Positionen. Gesetzeszweck sei es, die Verwendung öffentlicher Gelder nicht nur dann an die Vorgaben des Vergaberechts zu binden, wenn Gebietskörperschaften und sonstige öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 99 Nr. 1 - 3 GWB unmittelbar selbst Auftraggeber sind, sondern auch dann, wenn sie die ihnen zur Verfügung stehenden Geldmittel über Subventionen an Dritte weiterleiten. Auf diese Weise werde einer Aushöhlung der Vergabevorschriften vorgebeugt.
Gleichzeitig solle aber eine übermäßige „Belastung“ des Dritten durch die Bindung an das Vergaberecht verhindert werden, indem diese Bindung nur dann eintrete, wenn das Vorhaben zu mehr als 50% gefördert werde. Ergebe sich damit aus den Förderbescheiden, dass bestimmte Teile eines Gesamtvorhabens von der Förderung ausgeschlossen sind, diese also vollständig aus Eigenmitteln finanziert werden, sei — mangels Vorliegens eines öffentlichen Auftraggebers — auch der Anwendungsbereich des Vergaberechts nicht eröffnet.
Von der öffentlichen Hand subventionierten Auftraggebern ist somit anzuraten, bei Förderbescheiden darauf zu achten, dass genau ausgewiesen wird, welche Teile des Bauvorhabens tatsächlich gefördert werden.
Über den Autor:
Regina Dembach, Europajuristin (Univ. Würzburg) ist Rechtsanwältin bei der EY Law GmbH an den Standorten Eschborn sowie Mannheim. Frau Dembach berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Vergaberecht und Beihilfenrecht sowie im ÖPNV-Sektor.
Kontakt:
Regina Dembach
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