Vier-Augen-Prinzip hilft gegen Submissionsbetrug

18.07.2013
Von: Marcus Dischinger
Redaktion

Es ist ein Feld mit wahrscheinlich besonders hoher Dunkelziffer: die sogenannte vertikale Absprache zwischen dem Mitarbeiter einer Vergabestelle und dem Mitarbeiter eines Unternehmens über eine Ausschreibung. Diese Absprache hat zum Ziel, der betreffenden Firma den Zuschlag für einen Auftrag auf illegale Art und Weise zu erteilen.

Für den sogenannten Submissionsbetrug, der im Paragrafen 298 des deutschen Strafgesetzbuches beschrieben ist (siehe Kasten), gibt es im Bericht über Korruptionskriminalität für das Jahr 2012 des Landeskriminalamts Baden-Württemberg keine eigene Statistik. Dennoch lässt sich an einigen Zahlen die Problematik ablesen.

31 von 53 Tatverdächtigen arbeiteten als Amtsträger

In 24 Fällen war die Vergabe öffentlicher Aufträge der Zielbereich der Korruption, davon bei zwei Bauvorhaben; fünf Mal ging es um die Beschaffung von Gütern; die übrigen 17 Fälle verteilen sich auf verschiedene Bereiche wie beispielsweise Dienstleistungen.

Und auch eine Betrachtung der Tatverdächtigenliste in Bezug auf alle Korruptionsdelikte ist aufschlussreich: 31 von 53 Tatverdächtigen auf der Nehmerseite arbeiteten in einer Behörde als Amtsträger, ein Drittel davon in Kommunen. Was die Funktion angeht, arbeitet die überwiegende Anzahl der Tatverdächtigen auf Sachbearbeiter-Ebene. In etwa der Hälfte der Fälle fließt Bargeld, ein weiteres Drittel erhält Sachzuwendungen.

„Der Standardfall dürfte wohl sein, dass sich ein Mitarbeiter der ausschreibenden Behörde und der Mitarbeiter einer Firma, die den Auftrag erhalten soll, absprechen“, sagt Jürgen Steck, Korruptionsexperte beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg.

Steck hat es auch mit Fällen zu tun, in denen zur Vertuschung der vertikalen Absprache auch noch eine horizontale Absprache unter Bietern hinzukommt. Dann wird die Aufklärung eines Falles erst recht schwierig – so er überhaupt ans Licht kommt. „Unsere Aufklärungsquote ist hoch, aber die Dunkelziffer ist es in diesem Bereich eben auch“, betont Steck. Die Gerichte haben in den vergangenen Jahren durch ihre Rechtsprechung dafür gesorgt, dass der Paragraf 298 des Strafgesetzbuches nicht ausschließlich auf horizontale, sondern auch auf vertikale Absprachen Anwendung findet.

Trotzdem ist der Nachweis eines Submissionsbetrugs schwer, denn die Polizei ist in der Regel darauf angewiesen, dass ein Mitarbeiter aus einer Behörde oder aus dem beteiligten Unternehmen redet. Doch das passiert noch viel zu wenig. Mit einem anonymen Hinweisaufnahme-System, einem Vertrauensanwalt und einer zum 1. Januar 2013 erneuerten „Verwaltungsvorschrift Korruptionsverhütung und -bekämpfung“ wollen Innenministerium und Polizei dafür sorgen, dass mehr Menschen sich offenbaren.

„Sogenannte Nestbeschmutzer werden nach wie vor nicht gern gesehen“, sagt Steck. Viele, die über eine Sache Bescheid wüssten, offenbarten sich erst im Laufe der Ermittlungen, also dann, wenn die Polizei schon in der Behörde oder im Unternehmen zugange ist.

„Die oberste Prämisse heißt Augen auf“, mahnt das Landeskriminalamt

Kommt es zu einem Submissionsbetrug, geht die Aktivität nach Erfahrungen des Landeskriminalamts in der Regel vom Unternehmen aus, das einen Auftrag ergattern will. Des Öfteren sei es so, dass sich Mitarbeiter auf beiden Seiten vielleicht schon aus der Schule kennen, beide auf entsprechenden Positionen arbeiten und „das Spiel dann ins Laufen kommt“, weiß Steck. Es könne aber auch sein, dass sich im Laufe der Zeit eine gewisse Beziehung entwickle, es gebe mal eine Einladung ins Stadion, zum Golfen, später fließe dann Bargeld. In der Polizeisprache wird diese Vorgehensweise als „anfüttern“ bezeichnet.

Behörden müssen vertikalen Absprachen durch Einführung des Vier-Augen-Prinzips entgegenwirken. „Die oberste Prämisse heißt Augen auf“, mahnt LKA-Mann Steck. Auch das in Behörden nicht gern gesehene Rotationsprinzip von Mitarbeitern sei eine gute Möglichkeit, Submissionsbetrug vorzubeugen. Die Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg zu diesem Thema schlägt außerdem die Überprüfung organisatorischer Abläufe vor. Empfohlen werden eine Trennung von Vorbereitung, Planung und Erstellung der Leistungsbeschreibung einerseits und die Durchführung des eigentlichen Verfahrens andererseits.

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