Für den öffentlichen Auftraggeber kann sich die Frage stellen, ob Teilnahmeanträge oder Angebote durch das Nachfordern von Unterlagen noch „gerettet“ werden können oder ob diese auszuschließen sind.
Zur Beantwortung dessen ist nach § 56 VgV (oder § 51 SektVO) zunächst zwischen unternehmensbezogenen und leistungsbezogenen Unterlagen zu unterscheiden. Unternehmensbezogene Unterlagen betreffen die Eignungsprüfung und können vom öffentlichen Auftraggeber entsprechend § 56 Abs. 2 VgV unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung nachgefordert werden.
Dabei können fehlende Unterlagen nachgereicht, unvollständige Unterlagen vervollständigt oder fehlerhafte Unterlagen korrigiert werden. Der öffentliche Auftraggeber ist aber auch berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bereits festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
Das OLG Koblenz hatte sich mit Beschluss vom 11.09.2018 (Az.: Verg 3/18) mit der Frage befasst, ob bei einem Versicherungsnachweis, der eine niedrigere Deckungssumme vorsah, als in den Vergabeunterlagen gefordert, vom öffentlichen Auftraggeber ermessensfehlerhaft eine Nachforderung unterlassen wurde.
Das OLG stellte hierzu fest, dass ein Nachfordern von Unterlagen nicht als ein Austausch oder Anreichern von Eignungsnachweis zu begreifen ist, die zwar formgerecht, lesbar und vollständig sind, deren Inhalt aber nicht ausreicht, um das zu beweisen, was bewiesen werden soll. Letztlich soll also eine bloße Korrektur von offensichtlichen Tipp-, Rechenfehlern o.ä. möglich sein, nicht jedoch die nachträgliche Veränderung des Inhalts eines Teilnahmeantrags oder Angebots.
Dem Einwand, dass eine Nachforderung in Betracht gekommen wäre, wenn der Bieter überhaupt keinen Nachweis vorgelegt hätte, hält das OLG entgegen, dass „die Schaffung begrenzter Ausnahmetatbestände nahezu zwangsläufig zu tatsächlichen oder vermeintlichen Ungerechtigkeiten führt, die man beklagen, nicht aber durch die Ausweitung eng auszulegender Regelungen beseitigen kann“.
Bietern ist somit zu empfehlen, sich bei dem Einreichen von Eignungsnachweisen nicht darauf zu verlassen, dass im Zweifel nachgefordert werden kann. Der Austausch oder die inhaltliche Anreicherung von zunächst „unzureichenden“ Unterlagen ist nicht möglich.
Über den Autor:
Regina Dembach, Europajuristin (Univ. Würzburg) ist Rechtsanwältin bei der EY Law GmbH an den Standorten Eschborn sowie Mannheim. Frau Dembach berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Vergaberecht und Beihilfenrecht sowie im ÖPNV-Sektor.
Kontakt:
Regina Dembach
Telefon +49 6196 996 24974
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E-Mail: regina.dembach(at)de.ey.com
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