Land kämpft mit nie dagewesener Vergabewelle

15.07.2014
Von: Wolfgang Leja
Redaktion

Das Verfahren ist ein zentraler Bestandteil der landesweiten Neuvergaben auf der Schiene, die mit dem Auslaufen des großen Verkehrsvertrags des Landes jetzt anstehen. Das Paket stellt das Land vor außergewöhnliche Herausforderungen.

„Eine solche Vergabewelle hat noch kein Bundesland zu bewältigen gehabt“, heißt es im Verkehrsministerium. Das geplante Gesamtvolumen der Ausschreibungen zwischen den Jahren 2012 und 2017 beträgt einschließlich Folgevergaben sowie der vom Land geplanten Leistungsausweitungen rund 70 bis 80 Millionen Zug-Kilometer pro Jahr. Mehr Kilometer als jemals zuvor. Denn das Land will den Personennahverkehr auf der Schiene kräftig ausbauen. Derzeit bezahlt es auf Basis des großen Verkehrsvertrags rund elf Euro pro Zugkilometer an die Bahn. Geht man von dieser Basis aus, würde das Auftragsvolumen für die Bahnunternehmen jährlich zwischen 770 und 880 Millionen Euro betragen.

14 Verkehrsunternehmen bedienen die Strecken im Land

Das Land ist verantwortlich für den Nahverkehr auf der Schiene. Es schließt Verträge mit Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ab und bestimmt damit, welche Strecken in welchem Takt und mit welchen Zugtypen bedient werden. In Baden-Württemberg werden so derzeit insgesamt rund 65,5 Millionen Zug-Kilometer pro Jahr vom Land bestellt und finanziert. Insgesamt 14 Verkehrsunternehmen bedienen die Strecken.

Der überwiegende Anteil der Leistungen auf der Schiene wird bislang von der Bahntochter DB Regio AG erbracht. Allein der „große Verkehrsvertrag“ mit der Bahntochter aus dem Jahr 2003 umfasst 39,5 Millionen Zug-Kilometer pro Jahr. Dieser Vertrag läuft im September 2016 aus. Weitere Verkehrsverträge sind bis 2016 ebenfalls neu zu vergeben.

Doch das Land will künftig günstiger einkaufen. „Mit den anstehenden Neuvergaben und dem Wettbewerb im SPNV wollen wir gute und kostengünstige Angebote erreichen, um die begrenzten Mittel möglichst effizient einzusetzen“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Die Verkehrsverträge müssen aufgrund ihres hohen Volumens europaweit ausgeschrieben werden. Der Wettbewerb unter den anbietenden Eisenbahnunternehmen soll nicht allein dafür sorgen, dass die Preise fallen. Er soll auch die Qualität der Nahverkehrsangebote steigern, etwa in Form von verbesserten Fahrplankonzepten und moderneren Fahrzeugen.

Nach dem Willen des Verkehrsministeriums sollen sich möglichst viele Bieter an den Ausschreibungen beteiligen. Doch bei zu großer bundesweiter oder landesinterner Ballung der Verfahren läuft das Land Gefahr, nur wenige oder keine Bieter in bestimmten Verfahren anziehen zu können. Daher werden für die acht Ausschreibungsnetze zehn Teillose vergeben.

Damit sich auch kleinere Anbieter möglichst rege beteiligen, hat man im Verkehrsministerium die Ausschreibungen zeitlich entzerrt und gestaffelt. Hilfen bietet das Land überdies in Form von Kapitaldienstgarantien für die Fahrzeugfinanzierung. Diese ermöglichen es Anbietern, Mittel für die hohen Investitionen in neues Wagenmaterial auf dem Kapitalmarkt günstig zu erhalten. Bei komplexen Netzen mit einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Millionen Euro kommt ein Modell der Fahrzeugfinanzierung zur Anwendung, mit dem der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Dabei gehen die Fahrzeuge in das Eigentum des Landes über: Unternehmen bestellen die Züge, das Land kauft sie ihnen ab und verpachtet sie zurück. So haben auch kleinere Anbieter vergleichbare Finanzierungskosten und damit vergleichbare Startchancen wie der Staatskonzern Deutsche Bahn.

Von der Ausschreibung bis zur Bestellung der Züge

Allein für die Ankündigung, Veröffentlichung und Einholung der Angebote rechnet das Verkehrsministerium aufgrund der vorgegebenen Fristen mit rund einem Jahr. Mindestens ein weiteres halbes Jahr dürfte die Auswertung und Vergabe der Angebote in Anspruch nehmen. Mögliche Einsprüche unterlegener Mitbewerber könnten für weitere Verzögerungen sorgen. Erst wenn diese geklärt sind, kann der siegreiche Anbieter die Züge bestellen. Aufgrund teils langer Lieferfristen benötigt dies ebenfalls mehrere Jahre Vorlaufzeit.

Zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs erhalten die Länder vom Bund einen fixen Anteil aus dem Aufkommen der Mineralölsteuer – die sogenannten Regionalisierungsmittel. Baden-Württemberg erhält davon 10,4 Prozent. Im Jahr 2012 machte das knapp 740 Millionen Euro aus.

Bei den Bundesmitteln steht in diesem Jahr eine Revision an. Das Verkehrsministerium moniert, dass sie die steigenden Kosten für Energie, Trassen und Stationen längst nicht mehr ausgleichen. Im vergangenen Jahr entstand so eine Finanzierungslücke von 60 Millionen Euro. Sie könnte dieses Jahr auf 84 Millionen Euro anwachsen. Daher hofft das Land, dass die Höhe der Bundesmittel nun zugunsten von Baden-Württemberg revidiert wird.

 

Das Verkehrsministerium hat zur Ausschreibung des Schienennetzes weitere Informationen zusammengestellt.

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