eVergabe ist auch mit ISDN möglich

28.08.2009
Von: Werner Frasch
Redaktion
Quelle: Photocase

STUTTGART. Für viele Praktiker ist E-Vergabe kein Thema, solange sie nur über einen Schmalbandanschluss – sprich ISDN – verfügen,
also keinen Zugang zur sogenannten Datenautobahn haben. Ohne Breitbandzugang laufe gar nichts, ist die weit verbreitete Einschätzung. Fehle dieser, habe es keinen Sinn, sich auf dieses Zukunftsthema einzulassen. Deshalb wird darauf verzichtet, bestehende Chancen zu nutzen.

„Wer im Internet surfen kann, kann auch mit Vergabe24 arbeiten“

Völlig ausgeschlossen sind datenintensive E-Government-Anwendungen wie die E-Vergabe nämlich auch auf dieser Basis nicht. Von Anbietern und Anwendern werden durchaus Möglichkeiten gesehen, diesen Weg in begrenztem Umfang zu beschreiten. Thorsten Füeß etwa, stellvertretender Geschäftsführer des Software-Unternehmens Form Solutions aus Birkenfeld, sagt: „E-Government und ISDN-Internetzugang sind kein Widerspruch.“ Gleichwohl fügt Füeß, der Geschäftspartner kommunaler Rechenzentren ist, hinzu, dass eine effiziente Nutzung ohne Breitbandanbindung schwerfallen dürfte.

Die Nutzung von E-Vergabe auf der Grundlage einer ISDN-Verbindung hält Josef Horn aus Stuttgart, Projektleiter der Einführung E-Vergabe Baden-Württemberg, für machbar. „Wer im Internet surfen kann, kann auch mit Vergabe24 arbeiten“, sagt er. Denn bei Vergabe24, der E-Vergabe-Plattform des Landes, gehe es für Bieter um eine Datenmenge von zwei bis vier Megabyte – und die könne über eine ISDN-Leitung in akzeptabler Zeit transportiert werden. Horn spricht von bis zu fünf Minuten. Dagegen rät er  Vergabestellen zu einer DSLAnbindung, da sie mit größeren Datenmengen zu tun haben.

Positive Erfahrungen mit E-Vergabe macht auch Jörg Hulvershorn, Wirtschaftsförderer der Stadt Mössingen. Allerdings laufe das Programm vorläufig nur in der Kernstadt, da lediglich dort eine ausreichende DSL-Leitung zur Verfügung stehe. Schlechter bestellt sei die Situation dagegen in den Stadtteilen, die nicht entsprechend verkabelt seien. Die Deutsche Telekom als Netzbetreiber habe bislang kein allzu großes Engagement gezeigt, die elektronische Kommunikation auch in der Fläche zu verbessern. Daher müsse man jetzt mit ihr über einen Kooperationsvertrag verhandeln.

Auch Karsten Schalich, Wirtschaftsförderer beim Kreis Breisgau-Hochschwarzwald, spricht sich dafür aus, dass die Gemeinden
gründlich prüfen und abwägen, was im konkreten Fall ohne schnelles Internet realisiert werden kann. Er erkennt aber auch die Notwendigkeit, dass sich die Gemeinden dem Breitbandzugang als Herausforderung stellen. Einen weiteren Schub werde die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie bringen; sie räumt Dienstleistern den Anspruch auf ein elektronisches Verwaltungsverfahren ein. Peter Wöhrle vom Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken in Freiburg hält zwar auch manche Anwendungen über eine ISDN-Leitung für machbar. Er sei jedoch skeptisch, ob dies für den Bürger sinnvoll anwendbar sei.

In der Tat sind es häufig Bürger und vor allem Unternehmer, die einen Zugang zur Datenautobahn fordern und ihre Gemeinde dabei in die Pflicht nehmen. Wie wichtig das schnelle Internet für Unternehmen ist, hat jüngst eine Untersuchung der Universität Stuttgart ergeben, die auf der Befragung von 1007 Unternehmern im ländlichen Raum beruht. Ein Breitbandzugang gilt danach
für die Kommunikation im B2B-Bereich – also dem Austausch von Unternehmen zu Unternehmen – längst als selbstverständlich, weshalb er zunehmend zum Standortfaktor geworden ist, der entscheidend für die Ansiedlung eines Unternehmens sein kann. Betriebe hätten dem ländlichen Raum daher auch schon den Rücken gekehrt.

„Manche haben die Bedeutung des Breitbands noch nicht erkannt“

Die Mehrheit der Befragten hält eine Übertragungsgeschwindigkeit von sechs Mbit/s (Megabit pro Sekunde) für erforderlich. Der Standard für einen Breitbandzugang beträgt gegenwärtig wenigstens ein Mbit/s. Dabei kommt „den Kommunen beim Ausbau des Breitbandnetzes aus Sicht vieler Unternehmen eine entscheidende Bedeutung zu, wenn die Internetanbieter bestehende Breitbanddefizite nicht beheben können oder wollen“, wie es im Resümee der Umfrage heißt. Allerdings hätten manche Gemeinden
die Bedeutung der Situation noch nicht erkannt, sagt Michael Reiss von der „Clearingstelle neue Medien“, die beim Landwirtschaftsministerium ist. Der Bürgermeister von Mönchweiler im Schwarzwald, Friedrich Scheerer (SPD), ebenfalls
Ansprechpartner bei der Clearingstelle, setzt sich daher dafür ein, dass sich alle Gemeinden mit dem Thema E-Government befassen. „Das schnelle Internet gehört zur Grundausstattung für jedes Gewerbegebiet“, ist seine Devise. Daher solle
kein Gewerbegebiet mehr ohne Leerrohre für Leitungen und Freiflächen für Verteilerstationen erschlossen werden.

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