AfD-Antrag auf Rückbau der Ganztagsschule einhellig abgelehnt

31.01.2019 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit einer Großen Anfrage hatte die AfD-Fraktion Details zur Entwicklung der Ganztagsschulen im Land erfahren wollen. Aus der Antwort der Landesregierung zog jetzt der bildungspolitische Sprecher Rainer Balzer den Schluss, dass der Ausbau auf Kosten der Vereine geht, insbesondere bei bestimmten Sportarten wie Eiskunstlauf oder Reiten, und zu Lasten des Musik- und Kunstunterrichts. „Es geht um den Dissens zwischen staatlicher oder selbstbestimmter Kindheit“, so Balzer am Donnerstag in der Debatte im Landtag. Den Elternwünschen müsse mehr Rechnung getragen werden, denn die wollten keinen Zwang zur Ganztagsschule.

Er frage sich, mit welchem Raumschiff die AfD zu diesen Parlamentssitzungen eingeflogen werde, reagierte der frühere Kunststaatssekretär Jürgen Walter (Grüne) auf Balzers Rede. Die Vorzüge der Ganztagsschule seien allgemein bekannt, hätten sich aber „am rechten Saum“ nicht herumgesprochen. Stattdessen werde die Ganztagsschule als Freiheitsberaubung hingestellt. Walter kritisierte auch das Familien- und Frauenbild der AfD, das aus der Ablehnung spreche. „Die AfD redet immer von Deutschland“, so Walter weiter, „weiß aber gar nicht, wie sich Deutschland entwickelt hat.“

Gantzagsunterricht geht nicht zu Lasten der Vereine, so CDU-Abgeordneter Lorek

Die Große Anfrage der AfD unterstellt, dass Ganztagsunterricht und Vereinssport oder Musikunterricht nicht kompatibel sind, so Siegfried Lorek (CDU). Das stimme aber nicht. Im Koalitionsvertrag sei ganz klar der Ausbau von modularen Angeboten festgelegt. Gegen die These der AfD sprächen auch die Zahlen aus den Vereinen selber, den Musikschulen oder der Freiwilligen Feuerwehr: „Überall gehen die Zahlen nach oben.“ Lorek, selber bei der freiwilligen Feuerwehr tätig, schilderte die dortige Arbeit und berichtete, die Jugendfeuerwehr beginne überhaupt erst um 18 Uhr und schließe sich deshalb definitiv nicht mit Ganztagsschulen aus. Auch die Elternwünsche seien von Balzer nicht richtig wiedergegeben, „denn nur fünf Prozent lehnen jeden Ganztag ab“.

Daniel Born (SPD) warb für „den guten rhythmisierten Ganztag“. Und er lobte die grün-rote Landesregierung, die in der vergangenen Legislaturperiode den Ganztag endlich in Schulgesetz aufgenommen habe. Das Schul- und das Vereinsangebot stünden sich nicht feindlich gegenüber. Das einzige Geschäftsmodell der AfD sei das Spalten der Gesellschaft. Gerade in Baden-Württemberg würden aber viele gesellschaftliche Akteure erfolgreich zusammengebracht. Das mache den Schulalltag von Schülerinnen und Schüler reicher.  Born warb zugleich für eine Entbürokratisierung, dafür, dass gerade engagierte Schulleiter, die außerschulische Partner einbinden, bessergestellt werden müssten und – an die Adresse der CDU gerichtet - für eine Verbindlichkeit bei der Anmeldung. Denn auch Vereine könnten nicht planen, „wenn es heißt: rein in den Schwimmunterricht, raus aus dem Schwimmunterricht“.  Die Zusammenarbeit von Ganztagsschulen und Vereinen brauche Stabilität und Verlässlichkeit.

FDP will mehr Flexibilität und eine offene Ganztagsschule

„Es gibt kaum ein anderes Bundesland, das ein breiteres Angebot an Kooperationen hat“, lobte für die FDP Jochen Haußmann. Gerade in Baden-Württemberg mit seinen ehrenamtlichen Strukturen gebe es „eine Power“ in den Vereinen, die diese Zusammenarbeit überhaupt erst ermögliche. Haußmann machte allerdings einen Unterschied zwischen der Freiwilligen Feuerwehr und Musikvereinen, weil deren Angebot am Nachmittag beginne.  Auch deshalb seien die Freien Demokraten für die offene Ganztagsschule, die mehr Flexibilität ermögliche - dank Unterricht am Vormittag und freien Angeboten am Nachmittag. Hier gehe es um die grunsätzliche Frage, ob sich eine Schule "als staatliches Komplettangebot versteht oder als Teil der offenen Zivilgesellschaft“.

Auch Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) lobte das Ehrenamt als „zentrale Basis unseres Staates“. Die gebundene Ganztagsschule mit hoher Pädagogik sei ein verlässliches Konzept. Und der gebundene Ganztag ende um 15 oder 16 Uhr, danach bleibe Zeit, „deshalb sind die Probleme hereingeredet“. Eisenmann sieht Handlungsbedarf bei der sogenannten Monetarisierung. Zurzeit laufe ein Modellversuch an 19 Schulen. Festzustellen sei nach einem Zwischenbericht, dass es den Schulen leichter gemacht werden müsse, Stunden in Geld zu tauschen. Balzer widersprach, weil die Möglichkeit der Monetarisierung von Lehrerwochenstunden sehr wenig genützt werde. Außerdem reichten die ausgezahlten Beträge nicht für einen qualifizierten Unterricht. Auch Lorek reagierte in einer zweiten Runde auf die Debatte und erklärte, AfD und SPD hätten ein gemeinsames Ziel, nämlich Eltern und Schülern zu verordnen, was richtig sei. Die CDU sei dagegen für Wahlfreiheit.Ein Antrag der AfD-Fraktion zum Rückbau des Ganztags, konkret vor allem dazu, dass Kinder "für privaten Musikunterricht während der Schulzeit das Schulgelände verlassen dürfen", wurde mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP abgelehnt.


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