Stuttgart. Alle vier Landtagsfraktionen haben sich bei der Debatte über Änderungen des Schulgesetzes grundsätzlich für die Schulen in freier Trägerschaft als wichtigen Bestandteil der baden-württembergischen Bildungslandschaft ausgesprochen. Und zugleich dafür, dass 80 Prozent der Pro-Kopf-Kosten im staatlichen Schulwesen vom Steuerzahler übernommen werden. Die grün-rote Privatschulpolitik, so der FDP-Abgeordnete Timm Kern, gebe aber „insgesamt keinen Grund zum Feiern“.
Im Dezember 2009 ließ sich der damalige Kultusminister Helmut Rau (CDU) bei einer Landtagsanhörung loben dafür, dass die Kostendeckungsgrade „je nach Schulart zwischen 76,9 Prozent für Gymnasien und 62,4 Prozent für Hauptschulen liegen“. Drei Jahre zuvor hatte die damalige Landesregierung eine Anhebung des Prozentsatzes über die 70-Prozent-Marke hinaus beschlossen. Angestrebt wurden schon damals 80 Prozent. Grüne und Sozialdemokraten nahmen 2011 das Versprechen „als unser Ziel“ auch in ihren Koalitionsvertrag auf.
Kern kritisierte in der Debatte am Mittwoch, dass mit den vorgesehenen Änderungen „aber nur ein Deckungsgrad von 78,1 Prozent“ erreicht werde. Es sei noch viel zu tun, zumal „ganze Kostenblöcke“ ausgeklammert seien. Außerdem kritisierte der FDP-Politiker, dass „die Landesregierung den freien Schulen einseitig eine Versorgungsabgabe für verbeamtete Lehrkräfte aufgebrummt“ habe. Das sei „keine Kleinigkeit“, sondern gehorche eher dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“.
Für die CDU erklärte der frühere Staatssekretär im Kultusministerium, Georg Wacker, dass das Land – auch angesichts der hohen Steuereinnahmen – die öffentliche Unterstützung für Privatschulen erhöhen müsse. Zugleich beklagte er, dass immer mehr Eltern wegen der Umwälzung des Schulsystems seit 2011 ihre Kinder auf Privatschulen schicken. Wacker nannte als Grund, dass die Menschen kein volles Vertrauen zum öffentlichen System hätten. „Das ist eine Entwicklung, die wir mit größter Sorge beobachten müssen. Es könne nicht sein, dass "im Grunde die Förderung der Privatschulen sich nur darauf konzentriert, Defizite der der Bildungspolitik im öffentlichen Schulwesen damit reparieren müssen“, so Wacker weiter.
Thomas Poreski (Grüne) hob den zweiten Aspekt der Gesetzesänderung besonders hervor. Mit der vorliegenden Novelle werde es möglich, "dass Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, die an einer Privatschule angestellt sind, mit einer pragmatischen, auskömmlichen Erstattungsregelung auch an staatlichen Schulen arbeiten können, um dort Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu unterstützen“. Bisher sei dies vom komplizierten Dienstrecht verhindert worden. „Dadurch galten Inklusionsschülerinnen und -schüler nicht mehr als inklusiv beschult, sondern waren plötzlich wieder Schüler einer Sonderschule, obwohl sie dort gar nicht unterrichtet worden sind“, so Poreski weiter. Diese Lücke sei jetzt geschlossen.
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) unterlegte die von ihm formulierte Wertschätzung der Landesregierung für die Schulen in freier Trägerschaft mit konkreten Zahlen. Insgesamt seien die Zuschüsse an die Privatschulen in dieser Legislaturperiode fünfmal, „also jedes Jahr, strukturell, nicht nur aus einer Steigerung der Schülerzahlen heraus, um 72,5 Millionen € erhöht worden“. Hinzu komme die Dynamisierung aus der Erhöhung der Beamtenbesoldung und auf Grund steigender Schülerzahlen. Damit liege das Zuschussvolumen bei 598 Millionen Euro gegenüber 431 Millionen noch zu Beginn der Legislaturperiode. Die Änderungen des Schulgesetztes werden endgültig in der letzten Plenarwoche der Legislaturperiode Mitte Februar beschlossen.
Mit dem Gesetzentwurf wird die rechtliche Grundlage für die Kooperation öffentlicher und privater Schulen im Bereich der Inklusion erweitert. Außerdem werden die Zuschüsse für die Privatschulen bis zum 1. Januar 2016 in zwei Schritten rückwirkend erhöht. Daneben werden Regelungen im Bereich
des Privatschul- und Versorgungsrechts an aktuelle Entwicklungen angepasst.