Erbschaftsteuer: Grün-Rot hält sich alle Optionen offen

29.04.2015 
Redaktion
 

Stuttgart. In der Debatte über den Nachtragshaushalt, der am Mittwoch in dritter Lesung verabschiedet wurde, ist erneut der Dissens zwischen SPD und Grünen beim Thema Erbschaftsteuer zutage getreten. Die grün-rote Mehrheit entschied, sowohl den Vorschlag von Finanzminister Nils Schmid (SPD) voranzutreiben als auch „andere Vorschläge zu prüfen“. Damit existiert eine Woche vor der nächsten Verhandlungsrunde in Berlin keine einheitliche Linie von Grün-Rot.

CDU-Fraktionsvize Winfried Mack wies darauf hin, dass von einer Verschonungsgrenze für Familienunternehmen in dem Antrag keine Rede mehr sei. Schmid hatte in den vergangenen Monaten eine Grenze von 100 Millionen Euro genannt. "Herr Finanzminister, Sie tun mir leid", sagte Mack. Schmid habe "überhaupt keinen Rückhalt in der Regierung".

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von Realsatire. Er kommentierte die Aussagekraft der Antrags von Grün-Rot zur Erbschaftsteuer mit den Worten: „Dann könnte der Landtag auch beschließen, dass man sich einen schönen Sommer wünscht.“

Die Erbschaftsteuer war nicht der einzige Punkt, den die Opposition kritisierte. Sie hielt der Landesregierung auch vor, nicht sparsam zu wirtschaften. Mack erinnerte daran, dass der damalige Grünen-Fraktionschef und heutige Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn einmal gesagt hat: "Man kann mit grüner Politik schwarze Zahlen schreiben." Inzwischen schrieben die Grünen - im Verein mit der SPD - rote Zahlen. 3,8 Milliarden Euro neuer Schulden habe die Landesregierung seit 2011 aufgenommen und gleichzeitig den Haushalt von 35 auf 44 Milliarden Euro aufgebläht. Die Nettosteuereinnahmen seien im selben Zeitraum von 18,4 auf 23,9 Milliarden Euro gestiegen.

CDU: Grün-Rot "schröpft" Beamte

Scharfe Kritik übte Mack auch an erneut nur verzögerten Übertragung des Tarifergebnisses auf die Landesbeamten. "Das einzige, was Sie schaffen, ist, die Beamten zu schröpfen", sagte er. Zwar habe auch die CDU einmal die Übertragung verzögert - doch war dies 2008 während der weltweiten Finanzkrise. Dagegen spare Grün-Rot bei sprudelnden Steuern. Dies sei nicht fair gegenüber den Beamten.

Rülke sprach von "Taschenspielertricks ohne Ende". Die Rücklagen, die Schmid jetzt in Teilen für die Flüchtlinge, die Sicherheit und die Bildung auflöse, seien "schuldenfinanzierte Juliustürme". So würden Wohltaten finanziert; der Wahlkampf habe begonnen. Seiner Ansicht nach ist der Nachtragshaushalt mit Ausnahme der Flüchtlingsausgaben unnötig; und selbst diese hätte man schon vor Monaten beschließen können.

Auf die Frage der Grünen-Haushaltsexpertin Muhterem Aras, wo Rülke denn sparen würde, wenn er könnte, zählte der FDP-Fraktionschef auf: die Wiedereinführung der Studiengebühren, der Verzicht auf den Nationalpark, die Polizeireform und die Bevorzugung der Gemeinschaftsschule.

Aras, ihr SPD-Kollege Stefan Fulst-Blei und Minister Schmid warfen der Opposition mangelnde Seriosität vor, wenn sie die Nullverschuldung schon für 2015 forderten. Die CDU etwa schlage eine globale Minderausgabe vor, so Aras. "Das ist das Allerletzte, weil Sie sich vor einer konkreten Entscheidung drücken."

Der Wachstum sei unvermeidlich gewesen, sagte Aras, und verwies auf die neu geschaffenen Stellen bei der Polizei und in den Schulen. Sie wies darauf hin, dass mit dem Nachtragshaushalt 180 neue Lehrerstellen an den Grundschulen, 325 an der Realschulen und 400 für die Inklusion geschaffen würden.

Grüne: Gestaffelte Übertragung "ein guter Mittelweg"

Der Tarifabschluss werde inhaltsgleich übertragen. Und die abgestufte zeitliche Übertragung sei "ein guter Mittelweg zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten und der Konsolidierung des Haushalts". Dem Land seien seien Beschäftigten wichtig. Das zeige sich auch daran, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefordert werde, dass Telearbeit erleichtert werden, dass es viele Stellenhebungen gibt und dass das Jobticket für die Landesbeschäftigten eingeführt wird.

Haushaltsberatungen, sagte Aras, seien ja oft "die Sternstunden der Opposition". Dies gelte jedoch nicht für CDU und FDP in Baden-Württemberg. Die Vorschläge zur Gegenfinanzierung seien unbrauchbar.

Fulst-Blei lobte "Zukunftsminister" Schmid, der die strukturelle Verschuldung um 1,7 Milliarden Euro reduziert habe. Mit dem Nachtrag würden 2200 befristete Stellen an den Hochschulen entfristet. Baden-Württemberg sei weiterhin auf dem Weg zum "Musterland für gute Arbeit".

Der CDU warf er vor die "Lehman Brothers der Finanzpolitik" zu sein. Fulst-Blei bezeichnete den Vorschlag einer globaler Minderausgabe als "Rasenmähermethode".

Schmid verwies darauf, dass er bereits zum dritten Mal 2016 die Nullverschuldung erreicht. "Baden-Württemberg steht gut da", sagte der Finanzministe. Das zeige sich auch an der mit Bayern geringsten Arbeitslosigkeit und an höchsten Wirtschaftswachstum aller Länder 2014. Wer so sparen wolle wie die CDU, betreibe "Voodoo-Politik".

Nach Ansicht von Schmid macht es keinen Sinn, auf dem Weg über den Bundesrat die Erbschaftsteuer zu reformieren, wie dies die CDU in einem Antrag empfahl. Das nächste Treffen der Finanzminister in Berlin finde am 7. Mai statt. Dort werde er über das Thema reden. Wolf warf Schmid vor, er sei "Schäubles Pudel", weil dieser sich nicht gegen den Bundesfinanzminister in der Frage der Erbschaftsteuer durchgesetzt habe.


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