AfD wird mit Gesetzentwurf zur Landesbauordnung scheitern

19.07.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die AfD-Fraktion hat am Donnerstag den Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordung (LBO) in den Landtag eingebracht. In erster Lesung kündigten die Sprecher der anderen vier Fraktionen an, den Entwurf abzulehnen. Auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) votierte im Namen der Landesregierung gegen die „unausgegorene und zu kurz greifende“ Initiative der größten Oppositionspartei.

Die AfD wollte mit dem Änderungsentwurf, der in den Wohnungsbau-Ausschuss verwiesen wurde, erreichen, dass die Anforderungen an die Begrünung von Fassaden und Dächern sowie die Pflicht zum Bau von Fahrrad-Abstellplätzen gestrichen werden, da diese den Wohnungsbau verteuern. Diese Vorschriften würden das Bauen massiv verteuern und zur Wohnungsknappheit beitragen, begründete Anton Baron den Gesetzentwurf. Er rechnete vor, dass diese Vorschriften den Bau einer 100 Quadratmeter großen Wohnung um bis zu 48 000 Euro verteuern könnten und hohe laufende Kosten der Begrünung entstünden. „Die Grünen ziehen vielen Bürgern das Geld aus der Tasche und verschärfen das Problem Wohnraum“, sagte Baron. Der wohnungsbaupolitische Sprecher der AfD warf Grün-Schwarz ein „wohnungspolitisches Fiasko“ vor, auch, weil die Wohnungsbauministerin versprochen hatte, die Novellierung der LBO im ersten Halbjahr vorzulegen.

Wirtschaftsministerium und Fraktionschefs von Grünen und CDU einigen sich

Das Wirtschaftsministerin hatte erst am Donnerstagmorgen – aus technischen Gründen wie es hieß – eine Pressemitteilung verschickt, in der Hoffmeister-Kraut sowie die Fraktionschefs Andreas Schwarz (Grüne) und Wolfgang Reinhart (CDU) erklärten, sich „erfolgreich über noch offene Eckpunkte zur Novellierung der Landesbauordnung verständigt“ zu haben. „Schnell ausreichend und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist ein zentrales Ziel der Landesregierung. Mit den geplanten Erleichterungen im Zuge der Novellierung der Landesbauordnung tragen wir hierzu bei. Ich bin zufrieden, dass es uns nach langen Verhandlungen endlich gelungen ist, auch bei Begrünung und Fahrradstellplätzen gemeinsam tragfähige Kompromisse zu finden“, sagte Hoffmeister-Kraut.

Im Kern einigten sich die Spitzenpolitiker auf der Basis eines bedarfsorientierten Modells darauf, die starren Regelungen zu den Fahrradstellplätzen für Wohnungen aufzugeben. Die entsprechende Vorschrift in Paragraf 35 LBO entfällt. Stattdessen werden die unteren Baurechtsbehörden künftig nach dem jeweiligen Bedarf vor Ort entscheiden. Gleichzeitig verständigten sich die Teilnehmer darauf, die Begrünungsregelung so beizubehalten wie bisher. 

Die Novellierung der Landesbauordnung bringe weitere wichtige Fortschritte beispielsweise bei der erleichterten Aufstockung von Wohngebäuden und der Verwendung klimaneutraler und nachhaltiger Baustoffe. Eine „Vielzahl wichtiger Stellschrauben“ habe man „für mehr Wohnraum in Baden-Württemberg in die richtige Richtung gedreht“, sagte Hoffmeister-Kraut.

Grüne und CDU: Entscheidenden Schritt vorangekommen

Grünen-Fraktionschef Schwarz sagte: „Wir sind heute den entscheidenden Schritt bei der Reform für eine zukunftsfähige LBO vorangekommen. Für die Fahrradabstellplätze bei Neubauten haben wir eine flexible Lösung gefunden, die die Anzahl der Plätze am künftigen Bedarf festmacht. Wichtig ist mir, dass das Bauen mit Holz und das Aufstocken von bestehenden Gebäuden erleichtert werden. Die ökologisch wichtige Begrünung bleibt in der Landesbauordnung. Hinzu kommen künftig Leerrohre zur Förderung der Elektromobilität. Wir haben eine gute Empfehlung, die die Fraktionen im September beraten können.“

„Die jetzigen Vorschläge sind ein wichtiger Schritt für mehr Flexibilität bei diesen Bauvorschriften. Wichtig ist, dass für künftige Bauherren baldmöglichst Rechtssicherheit und Klarheit geschaffen wird. Vor allem haben beide Seiten Kompromissbereitschaft für praktikablere Regelungen gezeigt. Die Tür zur Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens ist damit aufgestoßen“, sagte CDU-Fraktionschef Reinhart.

Gesetzentwurf der Landesregierung soll im September vorgelegt werden

In der Debatte im Landtag lehnte Susanne Bey (Grüne) den AfD-Entwurf ab. Dieser zeuge von „wenig Sachverstand“, verkenne die Realität und trage nicht zur Lösung bei. Das Thema dürfe nicht reflexartig angegangen werden. Nicht die LBO, sondern steigende Grundstückspreise, Handwerker und Kapitalanleger würden die Baukosten in die Höhe treiben. Tobias Wald (CDU) kündigte an, dass Grün-Schwarz im September einen Gesetzentwurf zur LBO-Novellierung vorlegen werde. Dieser beinhalte „20 Erleichterungen“ für den Wohnungsbau, darunter Bestimmungen, die auch die Zeiten für Baugesuche verringern sollen.

„Die Menschen in Baden-Württemberg brauchen Wohnungen“, sagte Daniel Born (SPD). Er kritisierte, dass Hoffmeister-Kraut seit Monaten an der Novelle arbeite und resümierte: „Die LBO-Novelle ist die größte Schlafbaustelle im Land.“ Ein gutes Land werde so nicht gebaut. Zu den bekannt gewordenen Änderungen sagte Born, dies sei ein Deal: „Verkehrsminister Hermann bekam seine Fahrverbote, dafür musste er die Fahrrad-Stellplätze hergeben.“ CDU-Fraktionschef Reinhart habe Hoffmeister-Kraut „abgewatscht“, in dem er betonte, es gebe baldmöglichst Rechtssicherheit und Klarheit. Die Regierung lasse die Bauwilligen im Regen stehen.

Bezahlbares Wohnen dürfe nicht zur sozialen Frage werden, sagte Erik Schweickert (FDP). Der „Kehr-Aus“ bei der LBO müsse bei vielen Regelungen erfolgen. „Die Kostentreiber müssen raus und dürfen nicht zum Rohrkrepierer werden“, forderte der Liberale.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger