Stuttgart. In der Frage eines Mindestlohns sind sich die Regierungsparteien und die Opposition im Landtag in Stuttgart weiter uneinig. Während Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) und die Redner von Grünen und SPD einen gesetzlichen Mindestlohn befürworten, lehnen die Sprecher von CDU und FDP diesen ab.
Schmid betonte, es gebe viele gute Argumente für einen gesetzlichen Mindestlohn. „Ein Mindestlohn von 8,50 Euro würde die öffentlichen Haushalte um sieben Milliarden Euro entlasten“, erklärte der Minister. Deutschland habe eine der höchsten Niedriglohn-Quote in Europa, konstatierte Schmid, es gehe auch um eine Wertschätzung der Arbeit. Zudem seien Frauen vom Niedriglohn besonders stark betroffen. „Faire Löhne schützen die Arbeitnehmer und die seriösen Unternehmer“, urteilte der Minister.
Baden-Württemberg hat nach Meinung von Claus Paal (CDU) „kein Problem“ mit dem Mindestlohn. Er würde sich auch keine Sorgen bei einer eventuellen Einführung eines Mindestlohnes machen, wie sie selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) inzwischen nicht mehr ausschließt. Paal ist dennoch dafür, dass nicht der Staat, sondern die Tarifpartner die Frage des Lohnes regeln sollen. „Man darf die Unternehmer nicht in die Tarifbindung treiben“, sagte der Mittelständler. Man brauche spezielle Regelungen, beispielsweise bei saisonalen Beschäftigungen. Für die CDU sei aber auch klar, dass Menschen, „die arbeiten, auch von ihrem Einkommen leben müssen“.
Rainer Hinderer (SPD) wies darauf hin, dass Frauen mit einem Anteil von 70 Prozent im Niedriglohnbereich am meisten betroffen sind. Mindestlöhne würden gegen Dumpinglöhne helfen, er schütze anständige Betriebe und viele Handwerker im Südwesten. Deshalb sei auch in Deutschland die Zeit reif für den Mindestlohn. „Wer in Vollzeit arbeitet, muss auch davon leben können“, sagte Hinderer; für die SPD sei dies das Fundament der Arbeit.
Der Mindestlohn werde von 86 Prozent der Bevölkerung gewünscht, sagte Alexander Schoch (Grüne) unter Hinweis auf Umfragen. Mindestlohn vernichte keine Arbeitsplätze. Die gesetzliche Regelung bei diesem Einkommen sei daher im Interesse der Betroffenen. „Tarifverträge allein reichen da nicht aus“, sagte Schoch. Die CDU Baden-Württemberg müsse aufpassen, dass sie nicht beim Mindestlohn, wie schon in der Bildungspolitik, von der Bundes-CDU überholt werde. Nach Aussage von Andrea Lindlohr (Grüne) ist der Mindestlohn gut für die Marktwirtschaft. Unter Hinweis auf die 90 000 Arbeitslosengeld-II-Bezieher im Südwesten sagte Lindlohr, „wir brauchen eine Subventionsgrenze von Staats wegen“.
Hans-Ulrich Rülke (FDP) warnte davor, die Tarifautonomie auszuhebeln und einfache Beschäftigungsverhältnisse zu vernichten. Das Prinzip des Mindesteinkommens sei wichtiger als der Mindestlohn, sagte der Liberale. Bei nur einem Viertel der 1,4 Millionen Aufstocker erfolge die staatliche Unterstützung aus Gründen der Lohnhöhe. Die FDP werde Chancen für die Geringqualifizierten offen halten. Deshalb schließt er branchenspezifische Mindestlöhne nicht aus. „Wir wollen auch Geringverdienern helfen. Die FDP-Fraktion sagt auch Ja zum Mindesteinkommen, zu branchenspezifischen Mindestlöhnen und Ja zu von Tarifpartnern vereinbarten Lohnuntergrenzen“, sagte Rülke. Wer voll arbeite, soll seine Familie ernähren können und dies mit einem anständigen Lohn.