Stuttgart. Der Doppelhaushalt 2015/2016 ist nicht auf Kante genäht. In der Hinsicht - und auch nur in der - sind sich Regierung und Opposition einig. Ansonsten prallten in der abschließenden Debatte vom Freitag, in der es um den Haushalt des Finanzministers ging, bekannte Positionen aufeinander: Während die Opposition schon für 2015 die Nullverschuldung fordert, verteidigte Nils Schmid (SPD) die Neuverschuldung damit, dass er für Beamte und Flüchtlinge Reserven zurücklege.
200 Millionen Euro pro Jahr stehen im Etat für den Fall zur Verfügung, dass bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder, die im Februar beginnen, Lohnsteigerungen von mehr als 1,5 Prozent pro Jahr herauskommen. Wenn man, wie von der CDU im Haushaltsausschuss vorgeschlagen, diese Reserve streiche, würde dies einer Nullrunde für die Beamten gleichkommen, warnten die finanzpolitischen Sprecher Muhterem Aras (Grüne) und Klaus Maier (SPD). Dann könnte es sein, dass Volker Stich, Vorsitzender des Beamtenbunds Baden-Württemberg, ins Grübeln kommt. "Ob er dann immer noch zur Wahl der CDU aufruft", fragte Aras in Richtung Opposition.
Ihr Kollege von der SPD betonte, dass es dem Finanzminister 2016 schon zum dritten Mal gelinge, die Nullverschuldung zu erreichen. "Eine vertraute Zahl, nämlich die Null" kennzeichne die Etats von Schmid, der schon 2011 und 2012 keine neuen Schulden aufnahm. "Nils Schmid ist damit der erfolgreichste Finanzminister in der Geschichte dieses Landes", sagte Maier. Eine Null für 2015 - "das wäre einfach und populistisch". Verantwortlicher sei es, nicht auf Kante zu fahren und genügend Geld für "unvorhersehbare Ereignisse" zurückzuhalten.
Für Joachim Kößler (CDU) geht es um etwas anderes, wenn Schmid 2015 nochmals Schulden macht. Der Finanzminister bunkere Geld, "damit Sie im Wahljahr genügend Ausgaben tätigen können". Das Budget diene für Wahlgeschenke. "Die Verfügungsmasse hätte ausgereicht, 2015 und 2016 keine Schulden zu machen", sagte der Christdemokrat. Es hätte genügt, wenn Grün-Rot den Anträgen der CDU im Finanz- und Wirtschaftsausschuss zugestimmt hätte.
Auch Karl Klein (CDU), Vorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschusses, machte seinem Ärger über den Doppelhaushalt von Grün-Rot Luft. Seiner Ansicht nach hätte man "zumindest in diesen goldenen Zeiten ohne Schulden auskommen" können. "So konsolidiert man keinen Haushalt", sagte er. Und - an die Regierungsfraktionen gewandt: "Sie sollten die Worte sparen und konsolidieren aus Ihrem Wortschaft streichen."
Hans-Ulrich Rülke (FDP) sprach von einer "finanzpolitischen Geisterfahrt". Lediglich an zwei Stellen werde gespart - bei den Beamten und beim Landeserziehungsgeld. Ansonsten seien die Einsparungen keine wirklichen Einsparungen. Grün-Rot habe "den Konsolidierungspfad ganz grundsätzlich verlassen" und "Zeit verschenkt für eine wirkliche Konsolidierung". Rülke beklagte "unsinnige Doppelstrukturen" bei G8/G9. Auch für die Polizeireform, für die Beteiligungsrefrom und für "einen Nationalpark gegen den Willen der Betroffenen" werde Geld vergeudet. "Sie erwarten ja wohl nicht ernsthaft, dass die FDP diesem Haushalt zustimmt", schloss der FDP-Fraktionsvorsitzende.
Finanzminister Schmid warf der Opposition vor, ihren Worten keine Taten folgen zu lassen. Sie fordere die Nullverschuldung, sage aber nicht, welche Ausgaben dafür zu streichen seien. Grün-Rot habe das strukturelle Defizit, das er bei der Amtsübernahme 2011 vorgefunden habe, bereits zur Hälfte abgebaut. "Selbstverständlich" wolle er dies auch für 2017/2018 erreichen, doch "die Zahlen geben das bisher nicht her". Sein Haushalt sei deshalb nicht auf Kante genäht, damit genug Geld für Tariferhöhungen und bei steigenden Flüchtlingszahlen zur Verfügung stehe.
Schmid äußerte sich auch zu den Chancen des Landes bei den Bund-Länder-Finanzverhandlungen. Er werde mehr herausholen als der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), der in den 1990er-Jahren gegen die Länderfinanzausgleich geklagt habe. Der Klageweg, den Bayern und Hessen nun erneut beschritten haben, bringe wenig.