Stuttgart. In einer ausführlichen Debatte hat sich der Landtag am Donnerstag mit Details der „Denkschrift 2019 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg“ befasst. Zum Auftakt kam Rechnungshofpräsident Günther Benz zu Wort, der die Aufgabe seiner Behörde umriss: „Uns geht es darum, Vorschläge und Anregungen zu geben, die zu wirtschaftlichen Lösungen, zu effizienten Verfahren und damit auch zu Einsparungen für den Haushalt führen, und darin sehen wir unsere Aufgabe nicht nur dann, wenn das Geld knapp ist, sondern auch dann, wenn die Kassen gut gefüllt sind.“
Die Kassenlage habe sich in den vergangenen Jahren exzellent entwickelt. Das Land profitiere immer noch von hohen Steuereinnahmen und einem Zuwachs von 65 Prozent oder in zehn Jahren von 25 auf 41 Milliarden im Jahr 2018 gestiegen. „Diese Ausnahme- und gute Situation hat aber auch dazu beigetragen, dass Disziplin auf der Ausgabenseite nicht immer Maßstab des Handelns war“, erklärte Benz weiter. Denn es gelte auch die Regel: „Sprudeln die Einnahmen, lautet die Forderung schlicht nach Mehr vom selben, nämlich nach mehr Stellen und mehr Geld.“
Die grüne Finanzministerin Edith Sitzmann und die Finanzpolitiker der Grünen konnten ihre Reden nicht halten, weil sie sich – erst nach Sitzungsende negativ beschiedenen – Corona-Verdacht selber aus den Beratungen ausschlossen. Für die CDU-Fraktion hob Albrecht Schütte hervor, wie der Rechnungshof dieser Landesregierung eine in weiten Teilen solide, gute Finanzpolitik bestätigt. „Im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode“, so Schütte mit einem Seitenhieb auf den nicht anwesenden Koalitionspartner und die damals mitregierenden Sozialdemokraten, „in der 2013 und 2014 zwei Jahre lang Kredite aufgenommen wurden, werden jetzt, 2018 und 2019, in Summe 1,25 Milliarden Euro getilgt, sodass wir bei 45 Milliarden Euro Schulden bleiben“.
Peter Hofelich (SPD), der frühere Staatssekretär im Finanzministerium, warf einen anderen Blick auf die vergangene Legislaturperiode. Es sei einfach nicht richtig zu sagen: „Hier haben wir Überschüsse, während ihr Kredite aufgenommen habt“. Zum einem, weil die gar nicht alle in Anspruch genommen worden seien und vor allem der Altlasten früherer CDU-Finanzminister wegen. „Wenn Sie so reden, Herr Schütte“, sprach der Sozialdemokrat den Sinsheimer CDU-Abgeordneten direkt an, „dann ist das schwach und nur was für die Galerie, aber nichts für den Haushalt des Landes Baden-Württemberg“. Grundsätzlich hatte Hofelich die Denkschrift eine „sehr wertvolle Analyse, aber sie ist auch eine Warntafel, und sie ist vor allem eine Leitplanke“. Seine Fraktion nehme die „mit Dank in unsere politische Arbeit auf“.
Noch weiter die Vergangenheit zurück ging Stephen Brauer der finanzpolitische Sprecher der FDP. „Die geburtenstarken Jahrgänge 1961 bis 1970 werden uns finanziell das Genick brechen“, so Brauer, der appellierte die Versorgungsrücklage aufzustocken, „denn sonst bleibt uns in sechs Jahren nur eine einzige Möglichkeit: drastische Pensionskürzungen“. Dann müssten aber „genau jene Beamten, die bereits während ihrer aktiven Zeit erhebliche Verschlechterungen hinnehmen mussten, die Suppe auch noch auslöffeln“. Bereits Ende 2017 beliefen sich laut der Denkschrift des Rechnungshofs die Pensionsrückstellungen auf 176,6 Milliarden Euro, so der Schwäbisch Haller Abgeordnete weiter. Die Landesregierung müsse „hier nicht schnell umsteuere und nachhaltige Finanzpolitik betreiben“.
Der AfD-Finanzexperte Klaus-Günther Voigtmann erinnerte an die Nebenabreden der grün-schwarzen Koalition zu Beginn der Legislaturperiode. Anders als darin versprochen seien aber 5000 Stellen in der Landesverwaltung eingespart, sondern 6440 neu aufgebaut worden. Statt struktureller Einsparungen seien die strukturellen Mehrausgaben der Landesregierung so hoch wie noch nie, und „Baden-Württemberg so schlecht auf die Krise vorbereitet, wie ein Bundesland es nur sein kann.“ Das lasse sich „aus den Zahlen des Rechnungshofs ablesen, und dafür wird der Wähler der Landesregierung dafür im Jahr 2021 eine rote Karte zeigen“.