Stuttgart. Nach knapp 50 Jahren Diskussion geht die elektrifizierte Südbahn in den Regelbetrieb. Zwischen Ulm und Friedrichshafen fährt dann nach dreieinhalb Jahren Bauzeit die Lok ohne Diesel, dafür mit Strom aus der Oberleitung und mit 160 Kilometern pro Stunde statt wie bisher 140. Die Strecke erschließt seit über 150 Jahren nicht nur die gesamte Region Bodensee-Oberschwaben, sondern hat darüber hinaus Bedeutung als europäische Verkehrsachse.
Michael Joukov-Schwelling (Grüne) betonte die aktive Rolle des Landes beim Projekt, das mit einem Zuschuss von mehr als 112 Millionen Euro für die originäre Bundesaufgabe den Bau ermöglicht.
Weiterer Meilenstein sei die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke, und auch der Ausbau der Bodenseegürtelbahn ist in der Vorbereitung, damit eine leistungsfähige Achse von Ulm über Friedrichshafen und Singen nach Basel entsteht. Das Land arbeite hier mit Hochdruck, betonte Joukov-Schwelling. Er verwies zudem auf den "nicht enden wollenden viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn in Baden-Württemberg", den das Land freiwillig mit fast einer halben Milliarde Euro bezuschusse.
Der Abgeordnete Thomas Dörflinger von der CDU hob die regionale Bedeutung des Projekts hervor. Für viele Oberschwaben sei der Start der Elektrifizierung enorm wichtig, sagte er in der Debatte am Mittwoch. Die Südbahn als Teil der besungenen "Schwäbschen Eisenbahn" sei für die Menschen vor Ort weit mehr als Masten, Oberleitungen, Gleisabsenkungen und Stützmauern, so Dörflinger weiter. Die elektrifizierte Südbahn sei vielmehr Synonym für Erwartung und Startschuss für ein neues Zeitalter im Schienenpersonennahverkehr.
Dörflinger betonte auch, wie sehr sich Kommunen vor Ort in einem Interessenverband für die elektrifizierte Südbahn stark gemacht und die Planungskosten vorfinanziert hätten. "Damit ist die Südbahn ein tolles Beispiel dafür, was möglich ist, wenn die Region geschlossen und gemeinsam für ein Infrastrukturprojekt kämpft und selbst die Initiative ergreift", so der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Biberach.
Martin Rivoir von der SPD mahnte zu weiterem Ausbau von Oberleitungen. So müssten die Strecke in Richtung Bodenseegürtelbahn und auch die Hochrheinbahn elektrifiziert werden.
Christian Junge von der FDP-Fraktion begrüßt die Elektrifizierung, kritisiert aber, dass das Land 50 Prozent der Kosten von insgesamt 250 Millionen Euro übernommen hat, obwohl das Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan steht. Diesen Umstand monierte auch die AfD. Dem Bund sei es erfolgreich gelungen, sich der vollen Kostentragungspflicht zu entziehen, so Rüdiger Klos.
Zum Abschluss sprach Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) von einem "Tag der Geschichte". Die Südbahn sei für ihn ein Lehrstück dafür "wie schnell man sie bauen kann, nämlich vor 170 Jahren, und egal, wie lang man brauchen kann, bis man sie weiterentwickelt", so Hermann.