Stuttgart. Baden-Württembergs Notare bekommen in längst abgeschlossenen Beurkundungsverfahren Geld zurück. In der ersten Lesung des entsprechenden Gesetzwurfes zeichnete sich am Donnerstag im Landtag eine Zustimmung der beiden Regierungsfraktionen, der SPD und der FDP ab. Die AfD stellte sich als einzige Fraktion gegen die Neuregelung, weil die auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zurückgeht.
Justizminister Guido Wolf (CDU) erläuterte in der ersten Runde der Beratung, dass es ohne die auf den Weg gebrachte Gesetzesänderung zu einem Vertragsverletzungsverfahren gekommen wäre. Es geht um Gebühren für Beurkundungen in den Jahren 2002 bis 2008. Dieser Zeitraum war im Land als Übergangsfrist für die von der EU verlangte Neuregelung angesehen worden. Der EuGH ließ diese Frist aber nicht gelten. „Ob dieser Vorgang geeignet ist, die immer wieder angesprochene Euroskepsis abzubauen, überlassen ich der Beurteilung jedes einzelnen“, so Wolf weiter.
Einer seiner Vorgänger, der frühere FDP-Justizminister Ulrich Goll, erinnerte an die Genesis der Reform. Er hätte damals am staatlichen Notariatswesen nichts verändern wollen, bekannte Goll. Ausgerechnet von Notaren selber sei die EU aber immer wieder dazu eingeladen worden, aktiv zu werden.
Für die CDU erklärte Rechtsanwältin Marion Gentges aus Lahr, dass die Gebühren in der Übergangsreglung als eine unzulässige Gesellschaftssteuer bewertet würden. Die Richterin Kirsten Lehnig (Grüne) aus Rastatt, die wie Gentges ihre erste Landtagsrede hielt, nannte das Gesetz notwendig, weil damit ein europarechtskonformer Zustand hergestellt werde.
Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sascha Binder kündigte für die Sozialdemokraten deren Zustimmung an. Allein der AfD-Abgeordnete Bernd Grimmer aus Pforzheim lehnte die Neuregelung ab, da sie für die zunehmende Einengung der Handlungsfreiheit des Landes durch die EU stehe.
Der EuGH hatte das Amtsnotariat beanstandet. Wie es im Gesetzestext heißt werde „zur Vermeidung eines andernfalls drohenden Vertragsverletzungsverfahrens die bisher vorgesehene Beteiligung der Staatskasse am Gebührenaufkommen aus gesellschaftsrechtlich zwingend zu beurkundenden Umwandlungen, für die notarielle Beurkundungsgebühren zwischen dem 1. Juni 2002 und dem 31. Dezember 2008 entstanden sind und die nicht zu einer Erhöhung des Kapitals der übernehmenden oder formwechselnden Gesellschaft geführt haben, ersatzlos entfallen“. Ebenso soll für diesen Zeitraum die Gebührenbeteiligung der Staatskasse bei der Beurkundung von umwandlungsrechtlichen Verzichtserklärungen aufgehoben werden. Dadurch werde das Gebührenaufkommen aus den relevanten Beurkundungen den Notaren im Landesdienst vollständig überlassen. Diese können – nach der endgültigen Verabschiedung noch vor der Sommerpause – Anträge auf Rückerstattung stellen.