Stuttgart. Die Opposition im Landtag hat Grün-Schwarz einen Mangel an Tier- und Verbraucherschutz vorgeworfen und mehr Stellen für Veterinärkontrolleure gefordert. Auf diesem Gebiet sei „viel zu wenig getan worden“, kritisierte Friedrich Bullinger (FDP) am Donnerstag im Plenum. Auch Reinhold Gall (SPD) ging mit der Landesregierung hart ins Gericht: Wenn Nutztierbetriebe nur alle 10 bis 20 Jahre kontrolliert würden, könne „nicht von Kontrolldruck“ die Rede sein. Udo Stein (AfD) schimpfte auch auf die EU: Durch deren verfehlte Politik würden „immer mehr Landwirte geopfert“.
Bullinger erinnerte an die Beratungen des Doppelhaushalts 2018/2019, in denen die Liberalen jeweils 35 neue Veterinäre beantragt hatten, was Grün-Schwarz ablehnte. Obwohl die EU mehr und regelmäßige Kontrollen fordere, reiche die Zahl der Veterinäre in Baden-Württemberg nicht aus. Deshalb seien Aussagen von Grün-Schwarz „reine Lippenbekenntnisse“. Bullinger sagte, auch der Landkreistag habe erklärt, dass bis zu 200 Amtstierärzte im Land fehlten. Deshalb könne in der Nutztierhaltung nicht von Tierschutz gesprochen werden.
Agrarminister Peter Hauk (CDU) wies die Kritik zurück. Tierhaltende Betriebe im Land würden ausreichend kontrolliert, entgegnete er. Außerdem sei Tierschutz nicht nur eine Frage von Kontrollen. Die Landwirte bräuchten gutes Geld für gutes, im Sinne des Tierschutzes erzeugtes Fleisch. Ohnehin seien lückenlose Kontrolle nicht möglich. Den Rufen von Berufsverbänden und Organisation nach mehr Personal dürfe man nicht ungeprüft folgen.
Vielmehr erwartet Hauk, dass die Landratsämter ihre Kontrollaufgaben auch erfüllen. Bisher seien nur in 11 von 35 Landkreisen 15 Veterinärhygienekontrolleure ausgebildet worden. Die Landkreise müssten für diesen Unterbau sorgen, denn wer diesen nicht habe, bekomme auch keine Stellen im höheren Dienst. Er sehe nicht ein, dass bei immer weniger landwirtschaftlichen Betrieben und immer weniger Nutztieren immer mehr Geld aufgewendet werden soll.
Martin Grath (Grüne) plagte kein schlechtes Gewissen: Die Tierkontrollen im Land seien um das Zweieinhalbfache erhöht worden, berichtete er. Er sprach sich für eine Fleischkennzeichnung, wie bei Eiern, aus, damit die Herkunft des Produkts nachvollzogen werden kann. Ein verbindliches Label, wie das Qualitätszeichen Baden-Württemberg, sei ein verlässlicher Wegweisen für Verbraucher. „Schwarze Schafe wird es aber immer geben“, sagte Grath und bezog sich dabei auf die 2016 aufgedeckte Missstände in einem Schweinemastbetrieb im Alb-Donau-Kreis. Illegale Methoden zur Erlangung von Bildmaterial bei Missständen lehnen er und die Grünen jedoch „entschieden ab“. Nutztierhalter in Baden-Württemberg seien keine Tierquäler.
Auch KIaus Burger (CDU) ist überzeugt, dass die 48 000 landwirtschaftlichen Betriebe im Südwesten „gesetzestreu arbeiten“. Die Kontrollen durch die unteren Verwaltungsbehörden seien von 6 auf 10 Prozent, die Zahl der Betriebe ohne Beanstandungen auf 80 Prozent gestiegen. Burger erinnerte an immer mehr komplexere und inzwischen mehr als 2000 Gesetze, Auflagen, Verordnungen und Bestimmungen, die die Landwirte einhalten müssten. Auch er hält Gütesiegel wie die Aktion „natürlich. Von daheim“ für wichtig zur Verbraucherorientierung.
Reinhold Gall (SPD) ist dies zu wenig. Was der Diesel-Skandal für die Autoindustrie, könnten Missstände zum Skandal in der Landwirtschaft werden, befürchtet er. „Der Staat muss kontrollieren“, sagt er. Angesichts der jetzigen Rechtslage, nach der Rinderbetriebe nur alle 10 Jahre und Schweinebetriebe nur alle 15 Jahre kontrolliert werden, sei die Chance ziemlich groß, dass ein Landwirt nur einmal in seinem Berufsleben kontrolliert werde, rechnete er vor.