Stuttgart. Der Landtag hat am Donnerstag den von der Landesregierung vorgelegten 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag begrüßt. Mit Ausnahme der AfD-Fraktion bewerteten die Abgeordneten der anderen vier Fraktionen die Inhalte sehr positiv.
Dieser Staatsvertrag sei etwas Besonderes, da mit ihm „wesentliche Inhalte“ geändert würden, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heute und in der Zukunft prägen werden, konstatierte Alexander Salomon (Grüne). Es gehe dabei um Presseähnlichkeit und den Sendungsbezug. So müssten die Öffentlich-Rechtlichen ihre Angebote in Wort und Schrift auf einen Sendungsbezug zurückfahren, der dort stattfinden muss. Für Salomon „ein gelungener Kompromiss“ zwischen den Ministerpräsidenten und dem Bundesverband der Zeitungsverleger.
Positiv bewertete Salomon, dass auch die barrierefreien Angebote im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgebaut werden müssen. Dass weitere Angebote online sind, sei wesentlich, um für weitere Schichten der Gesellschaft eine Teilhabe zu schaffen. Am meisten würden die Bürger merken, dass Inhalte bereits im Vorfeld einer Ausstrahlung online seien und dort eine längere Verweildauer bekämen. „Inhalte müssen in der heutigen Zeit abrufbar sein“, sagte der Grüne. Auch Spiele der 1. und 2. Fußball-Bundesliga könnten länger – bis zu sieben Tage – online abrufbar sein.
Raimund Haser (CDU) konstatierte erfreut, er habe nicht geglaubt, dass der „Telemedienauftrag irgendwann einmal auf diese Art und Weise gelöst wird“. Er sieht den klassischen Konflikt zwischen Rundfunk und Verlegern; auf der einen Seite die Beitragszahler, die Inhalte länger anschauen wollen, und auf der anderen Seite die Privatsender und Zeitungsverleger, die Geschäftsmodelle entwickeln und davon leben. Haser bewertet es deshalb positiv, dass die Presseähnlichkeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geregelt wurde. Für die Beitragszahler sei es wichtig, nicht nur sieben, sondern 30 Tage Zugriff auf Sendungen zu haben. Aufpassen müsse die Politik, dass die Download-Möglichkeit bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht dazu führe, dass es keine auskömmlichen Bezahlungswege mehr für Filmemacher gibt. Und die Zeitungsverleger müssten die große Chance nutzen, dass derjenige, der Nachrichten konsumiert, auch für diese Nachrichten bezahlt. „Das ist das, was das Digitale ermöglicht“, stellte der CDU-Abgeordnete fest.
Im Zeitalter der Mediathek seien feste Sendetermine fast in Vergessenheit geraten, sagte Jonas Weber (SPD). Damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch künftig attraktiv ist, brauche er digitalen Freiraum. Die Weiterentwicklung des Telemedienangebots sei ein wichtiger Schritt, ihn zu stärken. Die Abgrenzung zur Presse sei nun „klar definiert“, die Abrufbarkeit der Angebote auf maximal 30 Tage fixiert. Zentrale Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen sei die „seriöse Information“, gerade in Zeiten von Fake News. Weber begrüßte ausdrücklich die aufgenommene Barrierefreiheit, weil diese die Teilhabe für alle stärke.
Der Entwurf bringt zweifellos Fortschritt, kommentierte Ulrich Goll (FDP). Einziger Schwachpunkt sei die Frage, ob Filmproduzenten für ihre Werke auch angemessen honoriert würden.
Staatsministerin Theresa Schopper (Grüne) erklärte, der Staatsvertrag werde wahrscheinlich noch im Oktober von den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Nach jahrelangen Verhandlungen über hochstrittige Themengebiete habe man sich auf Regelungen zu den Online-Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen einigen können. Der Regelungsvorschlag habe zum Ziel, allen Beteiligten Raum für eine eigene wirtschaftliche Entwicklung zu lassen und trotzdem die Medien- und Meinungsvielfalt zu erhalten. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet gemeinsam mit den anderen Qualitätsmedien einen konstruktiven Beitrag für unseren gesellschaftlichen Diskurs und unsere freiheitliche Demokratie“, urteilte Schopper.
Die Einigkeit über das Gewicht des Staatsvertrags trübte die AfD. Heiner Merz sagte, mehr als 400 000 „Zwangsbeitragspflichtige“ in Baden-Württemberg würden den 2013 eingeführten Rundfunkzwangsbeitrag nicht zahlen. Mit dem Staatsvertrag solle der „deutsche Staatsfunk noch stärker seine Metastasen ins Internet streuen“. Er kritisierte die Sendung „Funk“ als an „14- bis 29-Jährige gerichteter offensiver Indoktrinationsversuch“ und erneuerte letztlich die AfD-Forderung den „Rundfunkzwangsbeitrag“ abzuschaffen.