Stuttgart. In die von der FDP beantragte aktuelle Debatte zum Thema „Die batterieelektrische Mobilität ist ein Irrweg“ hat sich am Mittwoch im Landtag auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eingeschaltet. Er verteidigte die Strategie der Landesregierung, mit Nachdruck die Elektromobilität voranzutreiben.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke rügte „die saumäßige Energiebilanz der Lithium-Ionen-Batterie“ entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Er nannte die Kobaltgewinnung im Kongo, den Verbrauch von Kohlestrom und die Entsorgung der Batterien als Problemfelder. Nur wegen der EU-Vorgaben setze die Industrie auf die Elektromobilität. Am Markt werde da E-Auto von den Kunden nicht akzeptiert. Die einseitige Förderung der Elektromobilität führt für Rülke zur Einschränkung der individuellen Mobilität. Nach seiner Ansicht müsse weiterhin der umweltfreundliche Verbrenner sowie die Produktion von synthetischen Kraftstoffen und Wasserstoff vorangetrieben werden.
Die Grüne Andrea Lindlohr betonte demgegenüber, dass das fossile Zeitalter zu Ende gehe und damit auch der fossil betriebene Verbrennungsmotor. „Wir wollen das Auto ohne CO2“, betonte sie. „Wir fördern die E-Mobilität und machen Baden-Württemberg zum Vorreiter beim Wasserstoff“, fügte sie hinzu. Als Erfolg nannte sie 450 Ladesäulen im Land, alle zehn Kilometer eine öffentliche Säule und alle 20 Kilometer eine Schnellladesäule. „Industriepolitische Eingriffe durch Verteufelung einer Antriebsart sind zu unterlassen“, betonte Lindlohr.
„Wir können uns der Realität nicht verweigern“, betonte Ministerpräsident Kretschmann vor dem Hintergrund, dass die Hersteller auf E-Mobilität setzen. Jedes vierte in Europa zugelassene Auto sei ein Tesla, gab der Regierungschef zu bedenken. Die Abkehr vom fossilen Auto sei ökologisch und ökonomisch geboten. Kretschmann wies drauf hin, dass in Baden-Württemberg der größte Forschungsverbund geschaffen worden sei für eine Alternative zur Lithium-Ionen-Batterie. Als „Falschbehauptung“ bezeichnete er es, dass die Landesregierung allein auf die Batterie setze. Er räumte zwar die Priorität der batteriebetriebenen E-Mobilität ein, bezeichnete die Strategie der Landesregierung aber als technologieoffen im Blick auf synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff. Ein Auto mit Brennstoffzelle, das verkäuflich ist, gebe es eben noch nicht, fügte er hinzu.
CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart bestärkte Kretschmann: „Wir stehen für Technologieoffenheit“. Er verwies darauf, dass im Landeshaushalt Millionensummen für den Mobilitätswandel eingestellt worden seien. Bisher seien die Unternehmen im Land Innovationstreiber gewesen. „Wir wollen Spitze bleiben“, so Reinhart. Der CDU-Abgeordnete Winfried Mack forderte, auch den Verbrennungsmotor weiterzuentwickeln. Dieser müsse neben Hybrid und Wasserstoff sowie der E-Mobilität weiterhin ein Teil der Lösung sein.
„Offensichtlich sind die Regierungspartner unterschiedlicher Meinung“, kommentierte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch die Ausführungen Macks. Es gehe nichts voran, weil sich die Landesregierung nicht einig sei, so Stoch. Er forderte eine aktive Industrie- und Strukturpolitik. Rülke entgegnete er: „Das Land kann mehr Optionen für die Mobilität offenhalten, erst Recht, wenn die Industrie vollauf mit Transformation beschäftigt ist“. Er erneuerte die SPD-Forderung nach Weiterbildung für Beschäftigte kleiner und mittlerer Unternehmen bei den Automobilzulieferern. „Wäre die Landesregierung unseren Vorschlägen gefolgt, hätten wir seit Jahren einen echten Weiterbildungsfonds“, kritisierte Stoch.
Die AfD prangerte Planwirtschaft, Gängelung und eine Flut von Vorschriften an. Für sie führt das totalitär durchgesetzte E-Auto zum Totalverlust des Automobilbaus als Kernindustrie, so ihr Verkehrsexperte Hans Peter Stauch.