Stuttgart. Nach über einem Jahr Diskussion kommt jetzt eine Regelung auf den Tisch, wonach kommunale Wahlbeamte in Baden-Württemberg länger im Amt bleiben dürfen. Einen Vorstoß der FDP haben die beiden Regierungsfraktionen am Mittwoch dennoch abgelehnt, weil die Liberale alle Altersgrenzen abschaffen wollten. Die Koalition hingegen zieht eine Anhebung von 68 auf 73 Jahre vor.
Innenminister Reinhold Gall (SPD) nennt Altersgrenzen „eine gewisse Orientierung“. Und er kündigt einen Gleichklang an für Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte und Beigeordnete, egal ob im Haupt- oder im Ehrenamt. Dabei hatten sich die Sozialdemokraten mit der Entscheidung schwer getan, auch deshalb, weil die Entscheidung fraktionsintern immer wieder mit der symbolträchtigen Position des Stuttgarter Oberbürgermeisters verbunden wurde. Der Grüne Fritz Kuhn hat im vergangenen Juni seinen 60. Geburtstag gefeiert, wäre also bei einem zweiten Antreten im Jahr 2020 über 65.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) höchstpersönlich hatte im September 2014 Bewegung in die Debatte gebracht mit seiner Ankündigung: „Bei den Wahlbeamten wollen wir die Altersgrenze ganz abschaffen." Aktuell werden nach Abgaben des stellvertretenden Grünen-Fraktionschefs Andreas Schwarz letzte Details mit den kommunalen Landesverbänden ausverhandelt. Einigkeit besteht darin, dass Altersgrenzen nicht komplett fallen sollen.
Für die SPD nannte es der Abgeordnete Walter Heiler, selber Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Waghäusel, einen „klugen Kompromiss“, auf Grenzen nicht gänzlich zu verzichten. Er höre vor Ort viele Meinungen, die vom Erhalt des Status quo bis zur Beseitigung aller Altersgrenzen reichten. Der Vorschlag, die gegenwärtig geltende um fünf Jahre anzuheben, sei vernünftig: "Mit 66 Jahren ohnehin noch lange nicht Schluss", zitierte er Udo Jürgens.
Ulrich Goll (FDP), der frühere Justizminister, zeigte sich zufrieden, dass der Vorstoß seiner Fraktion Diskussionen ausgelöst hat. Gerade diese hätten ihn aber bestärkt in seiner Haltung für die Abschaffung aller starren Altersgrenzen. Goll erinnerte daran, dass alle Fälle von Zurruhesetzung oder Amtsenthebung in den vergangenen Jahren Personen betrafen, die von Altersgrenzen weit entfernt gewesen seien. Den Koalitionspartnern warf Goll vor, auf Zeit zu spielen, weil die SPD „keine Lex Kuhn“ wolle.
Der Freudenstädter CDU-Abgeordnete Norbert Beck würdigte das hohe Gut der süddeutschen Ratsverfassung, durch die Bürgermeister und Oberbürgermeister - lange Zeit überhaupt nur in Bayern und Baden-Württemberg - vom Volk gewählt worden seien. Auch Beck schlug den Bogen zum derzeitigen Stuttgarter OB. Zugleich zeigte er sich allerdings offen für die Anhebung der Altersgrenze. Dennoch lehnte auch die CDU den Gesetzentwurf der FDP ab. Die Landesregierung will ihre eigenen Vorstellungen dem Landtag noch im Herbst zur Befassung vorlegen.