Stuttgart. Die Liste der Berufsgruppen sowie der fachlichen Qualifikationen, die in Baden-Württemberg zu der Beschäftigung an einer Kindertagesbetreuungsstätte berechtigen, ist mit einem fraktionsübergreifenden Landtagsbeschluss und einer entsprechenden Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes erweitert worden. Dazu gehören etwa pädagogisch geschulte Fachkräfte aus Heil-, Pflege- und Gesundheitsberufen, aber auch Fachlehrer sowie weitere Berufsgruppen.
Alle Parteien waren sich im Vorfeld darüber einig, dass im Rahmen des vom 1. August 2013 an bestehenden Rechtsanspruchs auf einen Kleinkinder-Betreuungsplatz Handlungsbedarf besteht, um einem größeren Pool von qualifiziertem Personal eine Beschäftigung zu ermöglichen. Diese Gesetzesänderung soll auch einem potentiellem Personalmangel an den Kinderbetreuungseinrichtungen entgegenwirken. Tagesmütter und -väter fallen allerdings nicht unter die Gesetzeserweiterung. Die Forderung danach war unter anderem vom Städtetag erhoben worden.
Vertreter aller Parteien lobten das gemeinsame Vorgehen in diesem Verfahren, bei dem für alle Seiten die Qualitätssicherung in den Kindertagesstätten im Vordergrund gestanden sei. „Quantität ausbauen, Qualität sichern ist das Gebot der Stunde“, sagte der CDU-Abgeordnete Tobias Wald. „Wir ermöglichen weiteren Berufsgruppen, in der Kinderbetreuung zu arbeiten. Damit ist die Betreuung sichergestellt.“ Gleichzeitig müsse aber auch die Bindung des Personals zu den Kindern und zu ihren Familien gefördert werden.
„Eine große Herausforderung“ nannte auch Sandra Boser (Grüne) den Ausbau der Kleinkindbetreuung mit entsprechend qualifiziertem Betreuungspersonal. Noch seien nicht überall bedarfsgerechte Angebote vorhanden. „Wenn in Zukunft das Thema Inklusion Einzug in die Kindertagesbetreuung hält, wird es noch wichtiger, neuen Berufsgruppen die Arbeit dort zu ermöglichen“, sagte sie. „Die Fachkräfte spielen eine zentrale Rolle für die Einrichtungen und sind entscheidend für die frühkindliche Entwicklung.“ Dabei sei nicht nur Sprachförderung wichtig, sondern vor allem auch die Bindung und Beziehung, die die Kinder in den Tagesstätten erfahren. „Die Erweiterung wird für die Träger eine größere Flexibilität bei der Auswahl ihres Personals bedeuten“, so Boser.
Für die SPD sagte der Abgeordnete Christoph Bayer, dass mit der Gesetzeserweiterung keine Abstriche an der Qualität der Einrichtungen erfolge. „Es wird ein Spagat zwischen Quantität und Qualität, in den nächsten Jahren ausreichend qualifizierte Fachkräfte zu haben“, sagte Bayer. „Es darf aber von uns nicht die Botschaft ausgehen: Kinderbetreuung kann jeder.“ Multiprofessionalität bei Personal sei zudem auch eine Chance für Qualitätsentwicklung.
Der FDP-Abgeordnete Timm Kern wies darauf hin, dass eine Ausweitung des Pools an Fachkräften nicht die Zahl der grundsätzlich zur Verfügung stehenden Fachkräfte erweitere, sondern vielmehr um Konkurrenz um dieses Personal befeuere. Lobend äußerte sich Kern darüber, dass im Ausland erworbene Abschlüsse künftig besser anerkannt seien. In diesem Zusammenhang forderte Kern vom baden-württembergischen Integrationsministerium dringend ein entsprechendes Anerkennungsgesetz. Abschließend sagte der FPD-Abgeordnete: „Vergesst die Tageseltern nicht!“ und schloss sich den dahingehenden Forderungen des Städtetags an.
Für die Landesregierung geht Kultus-Staatssekretärin Marion von Wartenberg (SPD) nicht davon aus, dass sich die Qualifikation des Kita-Personals künftig wesentlich verändert. Im März 2012 hätten 91 Prozent der Kita-Beschäftigten eine klassische pädagogische Ausbildung im Bereich Kinder- und Jugendhilfe gehabt; 73 Prozent seien qualifizierte Erzieherinnen oder Erzieher, zehn Prozent qualifizierte Kinderpfleger. Die Gesetzesänderung bewirke keine Abstriche bei der Qualifikation, aber die Einrichtungen hätten künftig mehr Handlungsfreiheit.
Uneinigkeit bestand unter den Landtags-Fraktionen lediglich über Art und Zeitraum der geplanten Evaluation. Mit grün-roter Stimmenmehrheit wurde schließlich ein Entschließungsantrag über eine Evaluation im Gesamtzeitraum von vier Jahren beschlossen. Die CDU hatte eine detaillierte Evaluation nach drei Jahren gefordert.