Stuttgart. Mit den Stimmen aller Fraktionen hat der Landtag die pandemie-bedingte Verlängerung der Prüfungsfristen auf die Studienanfänger und Studienanfängerinnen des Sommersemesters 2021 und des Wintersemesters 2021/2022 ausgedehnt.
"Vom Wissen dieser jungen Menschen wird der künftige Wohlstand unseres Landes abhängen", so der Ulmer Abgeordnete Michael Joukov-Schwelling (Grüne). Zugleich verteidigte er auch die von Betroffenen kritisierte zeitliche Begrenzung der Neuregelung auf drei Semester. Aus Gründen der Planbarkeit sei dies notwendig und solle überdies den Regelstudienablauf sicherstellen. Guido Wolf (CDU) nannte die Gesetzesänderung ein Signal an alle Studierende im Land, "dass uns ihr Schicksal nicht gleichgültig ist".
Thema der zweiten Lesung des Gesetzes war auch die Rückkehr zu eben jenem Regelstudienablauf und die Bedeutung von Impfungen. Joukov-Schwelling appellierte an alle Studierende, sich impfen zu lassen.
Bernd Grimmer (AfD) verlangte, dass nicht-geimpfte Studenten nicht benachteiligt werden bei Präsenzveranstaltungen: "Genau das ist jetzt leider der Fall, denn es kommt zum Ausschluss von Lehrveranstaltungen bis hin zur Exmatrikulation." Das sei eine Impfpflicht durch die Hintertür, treibe einen weiteren Keil in die Studentenschaft und spalte sie in Gegner und Befürworter der Impfungen, die als "zu Recht umstritten" bezeichnete. Außerdem verlangte der Pforzheimer Abgeordnete, "Online-Angebote in Kombination mit den Präsenzveranstaltungen deutlich auszubauen, da viele Studenten am Online-Studium Gefallen gefunden haben". Notgedrungen stimme seine Fraktion den Änderungen aber zu.
Auch der frühere Justizminister Wolf sieht Tendenzen, weiterhin Online-Angebote aufrecht zu erhalten. Die Regellehre müsse aber in Präsenz stattfinden.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) vertrat dagegen die Ansicht, dass das Hochschulleben in der direkten Begegnung sehr schnell wieder zum Regelfall werde. Die Verlängerungen der Prüfungsfristen sei trotzdem notwendig, um die richtigen Konsequenzen aus drei Semestern im Pandemiemodus zu ziehen: "Wir sind noch nicht zurück im alten Normalzustand."
Für die SPD begründete auch die wissenschaftspolitische Sprecherin Gabi Rolland die Zustimmung ihrer Fraktion dafür, dass ein Signal an die Studierende gesendet werden müsse. Die SPD-Fraktion hätte sich jedoch eine großzügigere Regelung über das jetzt begonnene Wintersemester hinaus vorstellen können.
Auch die FDP-Fraktion wollte Veränderungen durchsetzen, scheiterte aber mit dem Vorschlag, nicht nur Prüfungsfristen zu verlängern, sondern auch Experimentierklauseln für Onlineprüfungen zu schaffen. "Bei aller grundsätzlichen Zustimmung zur wiederholten Verlängerung der Prüfungsfristen greift diese Anpassung des Hochschulrechts zu kurz", so der hochschulpolitische Sprecher Timm Kern. Es dürfe nicht übersehen werden, dass die Herausforderungen für die Studierenden bei der Ableistung von Prüfungen in der Corona-Pandemie längst noch nicht bewältigt seien. Seine Fraktion rege an, eine Experimentierklausel ins Hochschulrecht aufzunehmen, die neue digitale Prüfungsformate ermögliche.
Bauer widersprach abermals, weil mit einer derartigen Klausel die geforderte Rechtssicherheit nicht hergestellt werden könne. Nach Gesprächen mit dem Landesdatenschutzbeauftragten werde sie entsprechende Vorschläge machen, "denn wir haben dasselbe Interesse". Online-Prüfungsformate müssten rechtssicher möglich sein, und der Datenschutz dürfe "nicht unter die Räder kommen".