Stuttgart. Eine „tragfähige und zukunftssichere Entschädigung“ von Nutztierhaltern, so die SPD-Landtagsabgeordnete Gabi Rolland, wollen Sozialdemokraten und Liberale mit ihrer Novelle des Naturschutzgesetzes gewährleisten. Bei der ersten Lesung im Landtag erläuterte für die FDP Andreas Glück, dass, wenn die Ansiedlung von Raubtieren wie Wölfen ein klares politisches Ziel sei, dann auch Schäden zur Gänze zu tragen seien. Außerdem müsse das Abschießen schnell und rechtssicher ermöglicht werden. SPD und FDP verlangen deshalb die Aufnahme des Wolfs ins Jagdgesetz.
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, „die Entschädigung von Nutztierhaltern bei Tierrissen durch die Wildtiere Wolf und Luchs gesetzlich zu verankern, damit sich betroffene Nutztierhalter bei Einhaltung der notwendigen Vorkehrungen gegen Wolfsrisse auch langfristig auf Entschädigungen verlassen können“. Rolland nannte den bisherigen Wildschadensfond „nicht ausreichend“. Außerdem gehe es zwar in die richtige Richtung, wenn das Land 90 Prozent der Kosten für Zäune und Schutztiere bezuschusse, diese Förderung müsse aber auf hundert Prozent aufgestockt werden, „und da sehen wir auch keine Probleme mit europäischen Vorschriften, denn es geht nicht um Landwirtschaft, sondern um Artenschutz“.
Der Gesetzentwurf sei gut gemeint, „aber nicht gut gemacht“, urteilte Markus Rösler (Grüne) und bestand darauf, dass die Hilfe bei einem Wolfsriss schon jetzt schnell und unbürokratisch geleistet werde. Vor allem aber müssten, würde dem Gesetzentwurf gefolgt, Obergrenzen für Entschädigungen eingeführt werden. Das wiederum könne nicht im Sinne der Betroffenen sein. Außerdem dürfe „auch nicht das Fass aufgemacht werden“, weitere Wildtierschäden als entschädigungswürdig einzustufen.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser forderte den grünen Koalitionspartner dagegen auf, sich der Erkenntnis nicht zu verschließen, dass man um eine gesetzliche Regelung nicht herumkommen werde. Als Beispiel nannte er Sachsen, wo Wolfsrisse bereits dementsprechend behandelt würden. Und er forderte alle Beteiligten auf, „um grundsätzliche Fragen keinen Bogen zu machen“. Als Beispiel nannte er gesetzliche Entschädigungen und was sie für den Landeshaushalt bedeuten würden. „Ist also Freude angebracht, wenn ein Tier zurückkehrt in eine Welt, die auf keinem Quadratzentimeter mehr so aussieht wie vor hundert Jahren?“, war Haslers rhetorische Frage. Deshalb sei zu prüfen, ob „innerhalb der gebotenen Grenzen dem Wolf selber Grenzen aufgewiesen werden könnten“, etwa durch die Ausweisung bestimmter Gebiete.
Udo Stein (AfD) kritisierte den Gesetzentwurf, weil in ihm enthalten sei, dass „eine Entschädigung gezahlt werden kann“ und der Betroffene selber „zumutbare Vorkehrungen“ treffen müsse. Den Grünen warf er eine „ideologisch-romantische Politik“ vor, die schon zu zahlreichen Schäden geführt habe. Ganz aktuell bekannt sei ein Fall aus Polen mit einer verletzten Frau und verletzten Kindern. „Auch bei uns ist es eine Frage der Zeit, bis sich das ereignen kann“, prognostizierte Stein.
„Der Rückkehr des Wolfs ist eine Herausforderung“, räumte der zuständige Minister Franz Untersteller (Grüne) ein. Und er verstehe auch die Sorgen der Nutztierhalter. Zugleich hielt er den Befürworter des Gesetzentwurfs vor, Wahlkampfreden zu halten, und er zitierte aus der Begründung: „Wölfe und Luchse gehören zu den in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Wildtiere und sind damit streng geschützt.“ Ein Minister sei „an Recht und Gesetz gebunden“, sagte Untersteller ausdrücklich auch an die Adresse der CDU. Seine Aufgabe sei, den rechtlichen Schutz zu gewährleisten und gleichzeitig den Interessen der Nutz- und Weidetierhalter gerecht zu werden. Zudem verlangte er, sich an Fakten zu orientieren. Gesichert gebe es einen einzigen Wolf im Land, „und das ist in der Region um Bad Wildbad“.
Detailliert befasste sich der Grüne vor allem mit den Konsequenzen des Gesetzentwurfs für Entschädigungen. Die Folgen der von SPD und FDP vorgeschlagenen Regelungen wären eine Ungleichbehandlung der von Wildtieren verursachten Schäden. „Die Einführung einer Staatshaftung für Wolf und Luchs würde automatisch die Forderung nach anderen Entschädigungen mit sich bringen“, so der Minister. Das Land könne aber den wirtschaftenden Menschen nicht „gegen alle Risiken aus der freien Natur absichern“. Außerdem dauere die Auszahlung der gesetzlichen Entschädigung in Sachsen sechs bis acht Wochen, bei der für Baden-Württemberg gefundenen Fond-Lösung „aber nur drei Tage“.