STUTTGART. „Gute Bildung gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte Stefan Fulst-Blei (SPD) mit Blick auf die Planung und Finanzierung der Bildungspolitik in Baden-Württemberg im Jahr 2016. Der Bildungsetat beträgt für das laufende Jahr 10,1 Milliarden Euro und ist damit so hoch wie noch nie. Die SPD hatte an diesem Mittwoch im Landtag die Debatte „Auf die Lehrer kommt es an – Bildung muss auch zukünftig der Investitionsschwerpunkt im Landeshaushalt sein“ beantragt. Die Opposition kritisierte insbesondere das Konzept der Gemeinschaftsschulen.
Fulst-Blei hob die Senkung des "strukturellen Unterrichtsdefizit" an Gymnasien und Berufsschulen in Baden-Württemberg hervor. Besonders an den beruflichen Schulen erreiche dies im aktuellen Schuljahr einen historischen Tiefstand. Nachdem der Wert im Laufe der Legislaturperiode bereits von 4,4 Prozent (Schuljahr 2011/12) auf zuletzt 2,3 Prozent (Schuljahr 2014/15) nahezu halbiert wurde, sei er im aktuellen Schuljahr noch einmal deutlich auf nunmehr 1,8 Prozent gesunken. Ausschlaggebend für die positive Entwicklung seien vor allem die hohen Einstellungszahlen im beruflichen Schulbereich. „Wir brauchen mehr Lehrer statt weniger und wollen Aufbau statt Raubbau betreiben“, sagte Fulst-Blei. Eine weitere große Aufgabe sei die Einbringung von Flüchtlingskindern ins Schulsystem. Ziel sei es, diese Kinder möglichst schnell im Schulleben zu integrieren, damit sie eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben in Frieden und Sicherheit hätten.
Volker Schebesta (CDU) betonte, dass es nicht nur auf die Schulstruktur ankomme, sondern vielmehr auf eine gute Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer. Die Einführung der Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg hätte keine Verbesserung des Schulsystems mit sich gebracht. „Besonders leistungsschwache Schüler haben Probleme mit dem selbstorganisierten Lernen“, sagte Schebesta. Eine Weiterentwicklung des Schulsystems könne nur gemeinsam und nicht auf dem Rücken der Lehrer und Schüler erreicht werden.
Auch Timm Kern (FDP) übte Kritik an der grün-roten Bildungspolitik. Das Zwei-Säulen-Schulsystem mit Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sei eine Verarmung der Bildungslandschaft. „Der Vielfalt, die es bei den Menschen gibt, muss man ein vielfach gegliedertes Bildungssystem entgegenstellen“, so Kern. Für jeden Schüler müsse individuell die passende Schule gefunden werden. Kern sprach sich deshalb für den Erhalt der Förder-, Sonder-, Real- und Werksrealschulen aus.
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) widersprach Kern: „Die Hauptschulen haben an Zuspruch verloren. Und das Konzept mit den Werksrealschulen hat nicht funktioniert.“ Eine verantwortungsvolle Bildungspolitik fuße auf einer funktionsfähigen Struktur, die sich auf gesellschaftliche Veränderungen anpassen könne. Kindern und Jugendlichen solle so, egal welcher sozialen Herkunft oder Lage, die bestmögliche Förderung zu Gute kommen.
Sandra Boser (Grüne) lobte den Weg, den die grün-rote Regierung in der Bildungspolitik gegangen sei und weiter gehen werde. „Man muss schon bei den Kleinsten anfangen, also bei der Kleinkindbetreuung“, betonte Boser. Die Förderung von familienfreundlichen Angeboten, der Ausbau der Sprachförderung und die Verbesserung der Schulübergänge seien Punkte, denen man sich auch zukünftig stellen müsse. Dafür benötige es qualifizierte Lehrkräfte. Auch die Themen Digitalisierung, Inklusion und Integration seien Herausforderungen an die Bildungspolitik.