Rechnungshof mahnt zur Altschuldentilgung und für finanzielle Spielräume

28.02.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. In der Debatte über die Haushaltsrechnung des Landes 2015 und die Denkschrift 2017 des Rechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 2017 hat der Rechnungshof die Landesregierung zur Tilgung von Altschulden und zur Schaffung finanzieller Spielräume für die Zeit zur Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2020 aufgefordert. Die Herausforderung bestehe nicht nur darin, den Landeshaushalt auf Dauer künftig auszugleichen. Für die Zukunft müsse auch ein finanzpolitischer Handlungsspielraum erarbeitet werden, um künftige Aufgaben zu meistern, sagte Günther Benz, der Präsident des Rechnungshofes, am Mittwoch in seiner ersten Rede im Landtag.

Das Land solle die gute Konjunktur nutzen, um mit einem möglichst großen Polster in die Jahre ab 2020 mit der dann geltenden gesetzlichen Schuldenbremse gehen zu können, forderte Benz. Mehreinnahmen im Doppelhaushalt 2018/19 und weitere Haushaltsüberschüsse sollten als „Zukunftsvorsorge“ in eine Rücklage im Sinne des „Startguthabens 2020“ eingestellt werden. Anliegen sollte es sein, mit eigenem finanzpolitischem Spielraum eigene künftige Aufgaben zu stemmen. Benz zog eine positive Bilanz: „Der Haushalt ist mit Blick auf die Nullverschuldung gut unterwegs. Dass im Doppelhaushalt eine halbe Milliarde Euro Altschulden getilgt werden soll, ist auch aus Sicht des Rechnungshofs eine erfreuliche Entwicklung.“ Er schränkte jedoch ein: „Eigentlich hätte das Land bereits 2017 Schulden tilgen müssen.“

Durch Rechtsänderung sollte dies auch durch den Abbau sogenannter impliziter Verschuldung möglich sein, konkret durch Investitionen in den Erhalt der Vermögenssubstanz des Landes. Der Rechnungshof habe dies mitgetragen unter der Voraussetzung, es gehe um das Landesvermögen. „Diese Voraussetzung sehen wir teilweise aber nicht erfüllt“, schränkte Benz ein. Denn man könne dies nicht als Tilgung oder Abbau von Landesschulden ausweisen. „Getilgt werden sollten Landesschulden.“

Rechnungshof empfieht pauschale Erstattung bei Flüchtlingen

Benz nannte drei Punkte, die dem Rechnungshof in der Denkschrift wichtig sind. In der Kostenerstattung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz empfiehlt er, „zu der pauschalen Erstattung zurückzukommen“, die das Gesetz auch so vorsieht. Außerdem leiste sich das Land zahlreiche verschiedene Förderprogramme. Hier sollten stärkere Prioritäten gesetzt werden. „Nicht alles, was gefördert werden kann, muss auch zwingend gefördert werden“, sagte der Rechnungshof-Präsident.

Programme sollten klare Vorgaben zu überprüfbaren Zielen haben. Sinnvoll bei der Absicht, aber weniger im Ergebnis, sei die Förderung nicht bundeseigener Eisenbahnen, teilweise für Strecken, auf denen überhaupt keine Eisenbahn mehr fährt. Auch Programme für Museumsbahnen seien unabgestimmt und uneinheitlich. Benz kritisierte auch die veranschlagten Kosten bei öffentlichen Bauvorhaben, die vielfach nicht eingehalten werden. Offensichtlich funktioniere das Planungs- und Controllingsystem bei der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung nicht, kritisierte er.

Baden-Württemberg reiche die schwarze Null nicht, erklärte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). „Wir wollen nicht nur das Schuldenwachstum stoppen, sondern unser Ziel ist es, eine Trendwende einzuleiten.“ Das Ziel laute: Schulden runter, Jahr für Jahr und Schritt für Schritt. „Wir wollen ein grünes Plus und einen wetterfesten Haushalt.“ Die Schuldenbremse des Grundgesetzes werde eingehalten. Sie erinnerte an die geplante Tilgung von 500 Millionen Kreditmarktschulden und den Abbau von 1,5 Milliarden Kreditermächtigungen. Sie wolle die Kredite zurückfahren, aber auch 8000 Gebäude und 9900 km Straßen mit 1,65 Milliarden Euro 2018/19 in Schuss halten.

Fraktionen danken Rechnungshof

Sitzmann betonte, angesichts von 170 Milliarden Pensionsverpflichtungen werde die Rücklage bis 2020 auf 8 Milliarden Euro verdoppelt. Derzeit würden 5 Milliarden für Pensionen und Beihilfen aus dem Landeshaushalt bezahlt. Außerdem sei in der mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2020 die Tilgung von Schulden in Höhe von 235 Millionen Euro vorgesehen. „Wenn es nach mir geht, darf die Schuldentilgung auch durchaus höher sein“, sagte Sitzmann.

Abgeordnete der fünf Fraktionen dankten dem Rechnungshof für die konstruktive Begleitung des Parlaments. Man folge oft den Empfehlungen des Rechnungshofes, sagte Markus Rösler (Grüne). „Natürlich nicht immer“ – denn es sei legitim, wenn die Legislative, das Parlament, der Finanzausschuss, auch einmal zum Ergebnis komme, das eine oder andere „anders zu sehen als der Rechnungshof“. Rösler begrüßte es, dass im Finanzausschuss 80 Prozent der Abstimmungen „einstimmig erfolgen“. Sorgen bereitet dem Grünen-Abgeordneten die steigende Zahl der Versorgungsberechtigen (derzeit 122 000, in zehn Jahren 150 000).

Joachim Kößler (CDU) bezeichnete den Rechnungshof als „Anwalt der Steuerzahler“ und ein Instrument des Landes, der Fehler aufdecken und Verbesserungsvorschläge machen soll. Das Land sei gut auf die von 2020 an geltende dauerhafte Schuldenbremse vorbereitet.

Plan zur Schuldentilgung gefordert

Rainer Podeswa (AfD) monierte die Explosion der Ausgabereste. Das Land veranschlage jedes Jahr überproportional zur Steigerung der Wirtschaftsleistung mehr Mittel im Haushalt, gebe diese aber nicht aus. So habe das von Nils Schmid (SPD) geführte Wirtschaftsministerium 2015 40,3 Prozent seiner Mittel nicht verwendet. Jedes Jahr würden die Ausgabenreste Rekordwerte erreichen und damit Haushaltswahrheit und -klarheit ad absurdum geführt.

Peter Hofelich (SPD) forderte von der Regierung einen Plan zur Schuldentilgung. Tilgen und Investieren seien nötig, aber auch Sparen und Investieren. Die implizite Verschuldung als Mittel der Landeshaushaltsordnung zu nutzen, sei nicht glücklich gewesen. Die Regierung habe eine „abenteuerliche Interpretation“ des Paragrafen 18 hingelegt.

Auch Gerhard Aden (FDP) findet, dass Grün-Schwarz mit dem „Konstrukt“ der impliziten Verschuldung „tatsächlich gegen ein wirtschaftliches Grundprinzip verstoßen“ hat, und zwar das antizyklische Verhalten. Die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung bezeichnete der Liberale als „die haushaltspolitische Herausforderung“ in dieser Legislaturperiode. Dennoch sei es Zeit, den Bürger zu entlasten.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger