Stuttgart. 26 von 138 Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg sind Frauen. Trotzdem stellen sie die Mehrheit am Rednerpult - immer dann, wenn es um Frauenthemen geht. Das war auch an diesem Mittwoch so. Und nicht nur das: Die Rednerinnen sahen das meiste ähnlich bei einem Thema, das die SPD auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Die Überschrift: „Gleiches Geld für gleiche Arbeit – ein Entgeltgleichheitsgesetz als Antwort auf die Diskriminierung von Frauen im Arbeitsleben“.
Es blieb einem Mann - Jochen Haußmann von der FDP - vorbehalten, den Kontrapunkt zu setzen. Anders als die vier Frauen ist er nicht der Ansicht, dass Deutschland ein Entgeltgleichheitsgesetz braucht. Dieses Gesetz bereitet derzeit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). Es soll für Lohntransparenz sorgen und in der Folge für Lohngleichheit.
Haußmann, der in seiner Sieben-Männer-Fraktion für frauenpolitische Themen zuständig ist, sprach im Zusammenhang mit dem geplanten Gesetz von einem "Gruselkabinett". Die Große Koalition werde das Gegenteil von dem erreichen, was sie sich vorgenommen hat. Firmen würden zögern, weitere Frauen einzustellen, wenn sie dadurch die Zahl von 500 Beschäftigten erreichen sollten, ab der das Gesetz greift.
Zur geplanten Grenze von 500 Beschäftigten bekannte sich dagegen Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU). Würde diese Zahl unterschritten, "geht der Schuss nach hinten los", warnte sie die SPD. Auch das von den Grünen geforderte Verbandsklagerecht lehne sie ab.
Im Übrigen bekannte sie sich zur Notwendigkeit, auf einem Feld, auf dem "lange nichts passiert ist", etwas zu tun. Auch die strukturelle Ungleichheit in den Tarifverträgen müsse aufgehoben und 60.000 Tarifverträge überarbeitet werden, sagte sie in Richtung der Bundesfamilienministerin. "Es ist traurig", resümierte Gurr-Hirsch, "dass es nötig ist, 2015 immer noch solche Debatten zu führen."
Das sieht Sabine Wölfle (SPD) ähnlich. Sie hoffe, dass eines Tages der Equal Pay Day abgeschafft werden kann und "dass wir nicht mehr diese beschämende Zahl hochhalten müssen". Damit meinte sie den Gehaltsunterschied von 22 Prozent, der Frauen und Männer in Deutschlan voneinander trennt. In Baden-Württemberg, darauf wies Wölfle hier, liegt er mit 27 Prozent noch höher.
Sie rief die Union auf, noch einmal über die Grenze von 500 Beschäftigten zu sprechen. Sie liege zu hoch. In Baden-Württemberg habe Grün-Rot in den vergangenen vier Jahren einiges für die Frauen getan - durch den Ausbau der Unterdreijährigen-Betreuung ebenos wie durch den Ausbau der Ganztagsbetreuung.
Bärbl Mielich (Grüne) bezifferte die bereinigte Lohndifferenz auf sieben Prozent. Bei dieser Rechenmethode werden Vollzeitäquivalente verglichen. Ihrer Ansicht nach ist das geplante Entgeltgleichheitsgesetz "ein guter Ansatz - er greift aber deutlich zu kurz". Wichtig wäre aus ihrer Sicht ein Verbandsklagerecht. Eine betroffene Frau sei damit häufig überfordert.
Frauenministerin Katrin Altpeter (SPD) warf Haußmann vor, "ein strukturelles Problem zu individualisieren", wenn er Frauen dazu aufrufe, mehr MINT-Berufe zu lernen. Die bereinigte Lohndifferenz - sie bezifferte sie auf acht Prozent - werde einfach hingenommen, während es einen Aufschrei geben würde, wenn Verdi in einer Lohnrunde eine Acht-Prozent-Forderung stellen würde. Gegen den "Gender Pay Gap" hülfen "keine halbherzigen Verabredungen". Deshalb brauche Deutschland ein Entgeltgleichheitsgesetz. Das Beispiel Kanada - dort wurde ein solches Gesetz bereits 1987 verabschiedet - zeige, dass dies Wirkung zeige.