Opposition stimmt gegen „das beste Datenschutzgestz in Deutschland“

06.06.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von Grünen und CDU hat der Landtag am Mittwoch das Gesetz zur Anpassung des allgemeinen Datenschutzrechts und sonstiger Vorschriften an die am 25. Mai in Kraft getretene EU-Verordnung 2016/679 verabschiedet. In zweiter Lesung votierten die Fraktionen von AfD, SPD und FDP gegen den Gesetzentwurf der Landesregierung. Innenminister Thomas Strobl (CDU) verteidigte das Gesetz gegen Vorwürfe der Opposition. Der Datenschutz werde gestärkt und verbessert, das Gesetz beinhalte einen „maßvollen Ausgleich“ zwischen den Interessen des Staats und den Interessen der Bürger, erklärte Strobl. Personenbezogene Daten dürften nicht mehr uneingeschränkt verwendet werden. Auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz werde gestärkt.

Die SPD und FDP scheiterten mit Änderungsanträgen. Diese zielten auf eine Verkürzung der Speicherung von Videoüberwachungsdaten von vier auf zwei Wochen. Strobl erklärte hierzu, die Landesregierung werde darauf achten, dass die Videoüberwachung nicht ausufert.

Die am 25. Mai in Kraft getretene EU-Verordnung sieht Auflagen vor, die Unternehmen, Vereine und auch Behörden im Umgang mit personenbezogenen Daten beachten müssen. Das Landesgesetz, zu dem es am vergangenen Montag eine Anhörung gegeben hatte, soll regeln, für welche öffentlichen und staatlichen Zwecke die Nutzung solcher Daten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zulässig sind. Bestimmte Behörden unterliegen den neuen Regeln nur eingeschränkt oder sind, wie die Polizei, davon ausgenommen.

Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) verteidigte das Gesetz. Dieses sei „stimmig in sich“ und habe seine „Bewährungsprobe“ bei der Anhörung im Innenausschuss bestanden. Von vielen Experten sei es als „das beste in Deutschland“ gewürdigt worden, da es positiv von Gesetzen anderer Bundesländer abhebe. „Es schafft keine zusätzlichen Belastungen und keine zusätzliche Bürokratie“, urteilte Sckerl. Die Rechte der Bürger würden angemessen gewahrt. „Datenschutz genießt bei Grünen und der CDU oberste Priorität“, stellte der Grüne fest. Personenbezogene Daten würden „sensibler als bisher“ behandelt. Auch der Landesbeauftragte als oberste unabhängige Institution werde gestärkt.

Vereine und Unternehmen von Landesgesetz nicht betroffen

Auch Marion Gentges (CDU) verwies darauf, dass in der Anhörung das Gesetz „von allen Seiten positiv bewertet“ worden sei. Das Landesgesetz betreffe ausschließlich Behörden und öffentliche Stellen. Was Vereine und Unternehmen angehe, für die die EU-Verordnung große Herausforderungen und das Risiko bringe, „etwas falsch zu machen“, liege dies „nicht in der Macht des Landes“. Gentges kündigte an, der Landtag plane nach zwei Jahren eine Evaluierung des Gesetzes.

Von einer „Bürgerverunsicherungs-Verordnung“ sprach Klaus Dürr (AfD). Diese sei ein Bürokratie-Betonklotz am Bein vieler Unternehmen und Vereine. Er hätte auf die neue EU-Verordnung verzichten können, denn „Daten waren auch schon vorher weitgehend durch deutsches Recht geschützt“. Durch das Gesetz seien die Kosten für Kommunen nicht abschätzbar, es handele sich um eine „zusätzliche Ebene der Bürokratie“. Das „Monstrum“ EU-VO zerstöre die Zukunftschancen für Baden-Württemberg und schwäche kleine Unternehmen.

Für die SPD widersprach Sascha Binder (SPD) der Behauptung von Sckerl, die Experten bei der Anhörung hätten vom „besten Gesetz in Deutschland“ gesprochen. „Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte der SPD-Abgeordnete. Er warf Grün-Schwarz vor, die Videoüberwachung und die Speicherung von Daten auszuweiten. Damit würden die Rechte der Bürger eingeschränkt. So lasse die Landesregierung die Abhörung von Beschäftigten zu. Binder sprach von „erheblichen Mängeln“ im Gesetz. Deshalb gebe es Änderungsanträge seiner Fraktion.

FDP für Einschränkung des Abmahnwesens

Auch die FDP hatte einen Änderungsantrag zur Abstimmung vorgelegt, um zahlreiche Kritikpunkte aus der Anhörung zu bereinigen. Außerdem wurde die Landesregierung aufgefordert, sich beim Bund für die Einschränkung des Abmahnwesens einzusetzen. Nico Weinmann (FDP) kritisierte Innenminister Strobl. Wie bei der Änderung des Polizeigesetzes zeige sich auch beim Datenschutzgesetz, dass Strobl nicht in der Lage sei, rechtlich saubere Gesetzentwürfe einzubringen. So seien in der Anhörung Worte wie „rechtswidrig und verfassungswidrig“ gefallen. Das Datenschutzrecht für Baden-Württemberg ist aus Sicht der Liberalen „ambitionslos“. Weinmann forderte die Regierungskoalition auf, die Ausführungen des Datenschutzbeauftragten „zu hören“.


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