Stuttgart. Die AfD hat die vier anderen Fraktionen des Landtags gegen sich aufgebracht mit der Aufforderung an die Landesregierung, sich "für ein zeitnahes Ende der Masseneinwanderung auf dem Wege der Asylantragstellung einzusetzen, um Gefahren abzuwehren, die von überproportional vielen der Einreisenden ausgehen".
Das Asyl, so der CDU-Landtagsabgeordnete Arnulf von Eyb, sei ein von der deutschen Verfassung geschütztes Recht. Der Antrag der AfD-Fraktion, die Grenzen zu schießen, "rüttelt an den Grundfesten unseres Staates".
Für die Grünen warf der Tübinger Daniel Lede Abal der Rechtsaußen-Opposition vor, Gewalttaten zu instrumentalisieren: "Es geht Ihnen doch gar nicht um eine sachliche Auseinandersetzung oder Hilfe für die Betroffenen, denn Ihr Geschäftsmodell ist Angst machen, Straftaten ausschlachten und geflüchtete Menschen mit Kriminalität gleichsetzen."
In der hitzigen Debatte hatte zuvor Ruben Rupp, der Göppinger AfD-Abgeordnete ein "Ja" zum Grenzschutz und zur "restriktiver Migrationspolitik!" gefordert und den Bogen zum Anschlag von Würzburg im Juni mit drei Toten: "Der Täter war ein im Mai 2015 illegal nach Deutschland eingereister Somalier - und nicht der erste Mörder, der aufgrund der Wir-Schaffen-Das-Politik von Angela Merkel unkontrolliert ins Land gelassen wurde." Allein bis September 2021habe es 131.000 neue Asylanträge gegeben, die 200.000 werde sicher voll, "jedes Jahr eine Großstadt, fast alle aus Ländern mit einer Gewaltsozialisation".
Bei zwei Prozent Bevölkerungsanteil stelle die Gruppe der "sogenannten Flüchtlinge" 15 Prozent der Tatverdächtigen bei Mord und Totschlag, von den Delikten "unter Totschlag ganz zu schweigen", sagte Rupp. Dem gegenüber stünden 1855 Abschiebeversuche in diesem Jahr, die nur in 733 Fällen erfolgreich gewesen seien. Doch die Regierung stelle in wenigen Wochen mehr neue Staatssekretäre ein als Sachbearbeiter für die Aufgabenbereiche Asylrecht und Rückführung. 2015 sei die "historisch schwerwiegendste Entscheidung seit dem zweiten Weltkrieg" getroffen und fahrlässig, dass deutsche Volk dem Risiko schwerster Kriminalität und Terrorismus ausgesetzt worden, sagte der AfD-Politiker.
Die Redner der vier anderen Fraktionen widersprechen vehement. Sascha Binder (SPD) kritisierte wie Rupp von Menschen als "tickenden Zeitbomben" gesprochen habe: "Alles, was mir zu ihrer Rede einfällt, ist dem Hohen Haus nicht würdig."
Auch der migrationspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hans Dieter Scheerer, nannte Asyl und Flüchtlingsschutz "hohe rechtstaatliche Güter, die unter keinen Umständen in Frage gestellt werden dürfen". Gut integrierten Flüchtlingen und Asylsuchenden müsse ermöglicht werden, einfach und unbürokratisch ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. Ausreisepflichtige, die Straftaten begehen, seien jedoch grundsätzlich zügig abzuschieben: "Viele Abschiebungen scheitern daran, dass sich die Ausreisepflichtigen ihrer Abschiebung entziehen." Es sei daher zu fragen, ob in Baden-Württemberg immer mit letzter Konsequenz vorgegangen werde.
Für die Landesregierung erläuterte der neue Staatssekretär im Justizministerium, Siegfried Lorek (CDU), dass die Zuständigkeit für Migrationsfragen mit Ausnahme der Abschiebungen von Innenressort übernommen hat, ebenfalls die Unantastbarkeit des Asylrechts. Er machte deutlich, dass sehr wohl erfolgreich Straftäter abgeschoben werden könnten. Und er warf der AfD vor, Opfer "zur populistischen Stimmungsmache" zu nutzen. Eine Einzeltat dürfe aber nicht zur pauschale Verurteilung einer ganzen Bevölkerungsgruppe führen.
Ein Nachspiel könnte die Debatte für zwischenrufende AfD-Abgeordnete haben. Nach Hinweisen aus den anderen Fraktionen an Landtagsvizepräsident Daniel Born (SPD) sind Politiker von Grünen, CDU, SPD und FDP pauschal als Mitschuldige beim nächsten Mord bezeichnet worden. Born kündigte an, dass Protokoll zu lesen und gegebenenfalls Ordnungsrufe zu verhängen.