STUTTGART. Ein solcher Terrorakt wie in Halle hätte auch in Baden-Württemberg stattfinden können, sagte Bernd Gögel (AfD) am Donnerstag in der von der Fraktion beantragte aktuelle Debatte im Landtag. In seiner Rede warf er der Landesregierung vor, zu wenig für die Prävention von terroristischen Anschlägen zu unternehmen. Es gebe zu wenig Sicherheitsbeamte und sie seien unzureichend für solche Ereignisse ausgebildet. Zudem schlug Gögel vor, eine Präventivhaft für Gefährder aller Art einzuführen, so wie es bereits in Bayern der Fall sei.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) wies die Vorwürfe entschieden zurück: „Die Behörden leisten erstklassige Arbeit.“ Nicht erst seit dem Anschlag wurde viel für die Sicherheit jüdischer Einrichtungen getan, sagte Strobl, und nannte als Beispiele die hochmoderne Schutzausstattung der Polizei sowie das Kompetenzzentrum Konex, das Rechtsextremismus bekämpfe und Ausstiegsberatungen anbiete.
Strobl zufolge braucht es trotzdem noch ausreichend Sicherheitspersonal sowie ein noch moderneres Polizeigesetz. Derzeit trainiere die Polizei in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bei einer großen Antiterrorübung in Stetten am kalten Markt für den Ernstfall.
Man müsse auch das Landesamt für Verfassungsschutz stärken, um neuen Phänomenen, wie den Reichsbürgern und der Jugendorganisation der AfD, der Jungen Alternativen, nachgehen zu können. „Es ist heuchlerisch, dass sich die AfD Sorgen um das jüdische Leben im Land macht und dabei nicht entschieden den Antisemitismus in den eigenen Reihen ablehnt“, sagte Strobl. Gögel gingen die Beispiele zu Präventionsmaßnahmen vom Innenminister nicht weit genug.
Auch von den restlichen Landtagsfraktionen gab es Kritik an der aktuellen Debatte der AfD zum Schutz der Religionsgemeinschaften im Land. „Sie zündeln seit Jahren an den Grundwerten der Gesellschaft und wollen dann die Feuerwehr stellen. Diese Rechnung geht nicht auf“, sagte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Für Sascha Binder (SPD) habe es wenig Sinn, mit der AfD über Sicherheit und Ordnung zu sprechen, wenn sie nicht einmal wüssten, wie man sich im Parlament richtig zu verhalten habe.
Um Anschläge zu verhindern, plädierte Arnulf Freiherr von Eyb (CDU) dafür, „genau hinzuschauen“, was sich in der Gesellschaft verändert. Man müsse unter anderem beobachten, in welchen Foren sich Einzeltäter wie dieser in Halle informieren und man müsse auf bestimmte Sprachmuster achten. Manuel Hagel, ebenfalls CDU, machte auf vermehrte antisemitische Anfeindungen im Internet aufmerksam. Als Beispiel nannte er Alexandra Poljak vom Bund jüdischer Studierender, die sich klar gegen die Politik der AfD bekennt, und ehrte sie für ihren Mut trotz massiver Anfeindungen im Netz.
Nico Weinmann (FDP) schließt sich dem Vorschlag des Antisemitismusbeauftragten Michael Blume an, dass das Kennenlernen jüdischen Lebens gegen Antisemitismus helfe. Es brauche mehr interkulturellen Austausch an Schulen. Er schlug vor, ein ähnliches Konzept wie das bayerisch-israelitische Bildungsprogramm in Baden-Württemberg einzuführen.