Stuttgart. Dass etwas für den Naturschutz und die Bestandssicherung der Artenvielfalt in Baden-Württemberg getan werden muss, darüber waren sich am Mittwoch alle Fraktionen im Landtag weitgehend einig. Über das Wie und das Ausmaß der Vorkehrungen entwickelte sich jedoch eine kontroverse Diskussion. Die Grünen hatten die Aktuelle Debatte mit dem Titel „Naturschutz und Artenvielfalt in Baden-Württemberg – Erhalten, was uns erhält!“ beantragt.
Es gelte, massive Defizite im Naturschutz abzubauen, eröffnete Markus Rösler die Diskussion in seiner Stellungnahme für die Grünen. Kein EU-Mitgliedsstaat habe etwa die vor zehn Jahre getroffene Vereinbarung „Stop bioversity loss“ einhalten können. Sie hatte zum Ziel, den Schwund der Artenvielfalt in Europa bis zum Jahr 2020 zu stoppen. Die grün-rote Landesregierung habe nun gehandelt und zusätzliche Gelder für Natur- und Artenschutz bereitgestellt. Zudem unterstütze das Land die Einrichtung von Landschaftserhaltungsverbänden und stelle Mittel für zweieinhalb Stellen pro Verband bereit.
Der Naturschutz habe keine politische Farbe, zitierte dagegen Patrick Rapp (CDU) den Nabu-Vorsitzenden Andre Baumann. Naturschutz habe es auch schon vor der grün-roten Regierung gegeben. Dass die CDU beim Naturschutz etwas zurückhaltender als Grün-Rot agiert habe, begründete Rapp mit der Vielfalt an Politikfeldern in der heutigen Gesellschaft. Er glaube nicht, dass man alles „ausschließlich mit ökologischen Ideen und Naturschutzzielsetzungen lösen“ könne, sagte Rapp. Er plädierte dafür, die ökonomische und die ökologische Komponente miteinander zu vereinen.
Um den Artenschutz voranzubringen, machte sich Thomas Reusch-Frey (SPD) für einen Biotopverbund stark. Kleinteiliges Denken und kleinkariertes Handeln reiche nicht. Er plädierte für einen Naturschutz in größeren Einheiten. „Die Biosphärengebiete Südschwarzwald und Schwäbische Alb sind wirklich auf einem guten Weg. Der Nationalpark Nordschwarzwald gewinnt immer mehr Freundinnen und Freunde. Das freut uns“, sagte er.
Die Oppositionsfraktionen verwiesen allerdings auf Vorbehalte der betroffenen Bürger vor Ort und plädierten dafür, die Menschen in den Entscheidungsprozess einzubinden.
Als „Riesenherausforderung“ bezeichnete Friedrich Bullinger (FDP) die Aufgabe, die biologische Vielfalt zu erhalten. Er verwies aber auch auf wirtschaftliche Bedürfnisse und Anliegen von Gewerbetreibenden in Baden-Württemberg. Man müsse sich darüber im Klaren sein, „dass wir unseren Wohlstand und das Geld für den Natur- und Umweltschutz auch denen zu verdanken haben, die tagtäglich arbeiten“. Dafür benötige man auch Straßen und Flächen für Gewerbe. Er habe den Eindruck, die Regierung sehe den Menschen oft als Störfaktor.
Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) sprach sich dafür aus, einen ordnungsrechtlichen Rahmen zu setzen, wo es im Sinne des Artenschutzes notwendig erscheine. „Das Gründlandumbruchverbot ist eine dieser notwendig gewordenen ordnungspolitischen Maßnahmen.“ Denn viele gefährdete Arten lebten im Dauergründland und seien von dramatischen Rückgängen in den vergangenen Jahren betroffen. Es habe einen Grund, weshalb die Europäische Kommission die Frage nach der Ausrichtung der Landwirtschaft mit der Betonung von ökologischen Fragen in Verbindung bringe. Die aktuelle Diskussion, das Subventionen der Europäischen Union für die Landwirtschaft nicht an ökologische Kriterien gekoppelt werden dürften, hält Bonde nicht für gut: „Sie schadet dem Artenschutz.“