Stuttgart. Europaminister Guido Wolf (CDU) zeigt sich besorgt über die Entwicklung in Rumänien. „Die Situation dort treibt mich um“, sagte Wolf am Mittwoch in der Debatte über aktuelle europapolitische Themen im Landtag. Wie in Polen gebe es dort Bestrebungen, die Unabhängigkeit der Justiz abzuschaffen. Er mache die „bittere Erfahrung“, dass es Rückschritte in der Rechtsstaatlichkeit in Europa gebe, wobei Wolf neben Rumänien und Polen auch Ungarn nannte. Auch der Brexit macht dem Minister Sorgen. Ein chaotischer Ausstieg Großbritanniens zum 29. März 2019 wäre fatal und brächte nur Verlierer, konstatierte Wolf.
Im Hinblick auf die Europawahl im nächsten Jahr sagte Wolf, Europa sei kein Selbstläufer mehr und bedürfe deshalb der Rechtfertigung. Positiv bewertete er die in Baden-Württemberg eingeführten Europa-Dialoge; dies sei ein Weg, um die Diskussionen über Europa anzustoßen und Vor- aber auch Nachteile aufzuzeigen. Europa und die Europäische Union würden auch „uns im Land beschäftigen“, nicht zuletzt auch wegen der Frage von Zahlungen an die EU und Subventionen aus den Töpfen der EU. Ein „kluger Mix“ aus Einsparungen und mehr Geld für neue Projekte seien notwendig für den Südwesten.
Aus Sicht von Josef Frey (Grüne) spielt Baden-Württemberg eine „gewichtige Rolle“ in Europa. Er würdigte das Engagement der Landesregierung auf dem Balkan, zeigte sich nach seinem jüngsten Besuch in Bosnien-Herzegowina aber auch besorgt: Durch die drei Ethnien würden dort Mauern statt Brücken gebaut. Dennoch müsse dem Land eine Perspektive zur EU-Integration gegeben werden. Sorgen macht sich Frey auch um die künftige EU-Finanzierungen für Projekte am Oberrhein und in der Landwirtschaft. Vermutlich sei mit erheblichen Kürzungen zu rechnen.
Die EU bringe Baden-Württemberg und seiner Wirtschaft viel, betonte auch Joachim Kößler (CDU). Er forderte ein einheitliches Asylsystem und -verfahren innerhalb der EU, den besseren Schutz der Außengrenzen, geordnete Migration sowie eine dauerhafte Stärkung von Frontex. Deutsche Interessen müssten stärker in Europa zur Geltung gebracht werden. Kößler sprach sich auch für stärkere Maßnahmen mit Frankreich auch, so für grenzüberschreitende Berufsschulen am Oberrhein.
Heiner Merz (AfD) monierte, dass der Europaausschuss des Landtags am Parlament vorbei 27 Milliarden Steuergeld für den EU-Haushalt 2021 bis 2027 bewilligt und damit gegen das Königsrecht des Landtags verstoßen habe. Von der für diese Ermächtigung vorgeschriebenen Eilbedürftigkeit können keine Rede sein. So dürfe mit dem Geld der Steuerzahler nicht umgegangen werden.
Positiv bewertete Peter Hofelich (SPD) die Tatsache, dass die EU „Zähne gezeigt“ und der Türkei wegen deren Abkehr von der Rechtsstaatlichkeit Mittel gekürzt habe. „Wir werden sparen müssen“, orakelte er angesichts der kommenden Kürzungen der EU-Agrarmittel. Grünen und Schwarzen in der Regierung warf Hofelich vor, nicht auf einheitlicher europäischer Linie vorzugehen.
Angesichts der am Dienstag in Brüssel festgelegten CO2-Vorgaben warnte Erik Schweickert (FDP), die EU-Politik dürfe nicht zur Flanke werden, über die wirtschaftspolitische Schläge ausgetauscht werden. Länder, die keine großen Automobilhersteller beheimaten, würden besonders strenge Forderungen erheben. Doch in Ländern mit starker Automobilproduktion, wie Baden-Württemberg, könnten diese Maßnahmen zu einem echten Job-Killer werden. Die Idee eines gemeinsamen Europas werde so „zum Feindbild“.