Stuttgart. Zum kommenden Wintersemester will die Landesregierung an der Universitäten und Pädagogischen Hochschulen mit der reformierten Lehrerausbildung beginnen. Dies kündigte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Donnerstag im Landtag an. „Wir sind auf einem guten Weg und liegen im Zeitplan“, sagte die Politikerin.
Die neue Rahmenverordnung für alle Lehramtsstudiengänge sei am 27. Februar fertig geworden und an die Hochschulen rausgegangen. Bauer bezeichnete die Reform als „Kraftakt“, die einen wesentlichen Grund hat: „Ziel ist die bestmögliche Ausbildung.“ Herzstück sei die engere Kooperation zwischen den Hochschulen.
Schule sei heute anders als zu Zeiten der „Feuerzangenbowle“ oder des „Fliegenden Klassenzimmers“. Im Vordergrund stehe deshalb die Qualitätsverbesserung. Es gebe künftig einen stärkere Professions- und Schulbezug, erklärte die Grünen-Ministerin. Durch die Lehramtsreform wird das Fach Inklusion ebenso verpflichtend wie das Erweiterungsfach Sonderschulpädagogik. Das eigene Studium für Sonderschullehrer bleibe erhalten, sagte Bauer.
Als Leuchtturmprojekte bezeichnete die Ministerin die Hochschulen Heidelberg und Freiburg, die über die Bundesförderung 500 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre erhalten. Sie wurden, wie 17 andere deutsche Standorte, aus mehr als 80 Anträgen ausgewählt. Auch andere baden-württembergische Standorte wie Tübingen dürfen sich Hoffnungen machen, im zweiten Auswahlverfahren zum Zuge zu kommen. „Ich bin sehr zuversichtlich“, betonte Bauer und blickt optimistisch dem für September angekündigten Ergebnis optimistisch entgegen. Darüber hinaus wird Grün-Rot für die neue Qualität an den baden-württembergischen Standorten 15 Millionen Euro in die Hand nehmen.
Wieder einmal dauerte es zu lange, ehe das Plenum über die Lehrerbildung diskutierte, denn Grundlage für die Aussprache bildete eine große Anfrage der CDU-Fraktion aus dem Frühjahr 2013. Aber immerhin konnte die Ministerin dafür mit Neuigkeiten aufwarten.
Für Kai Schmidt-Eisenlohr (Grüne) ist ein wichtiger Grund zur Reform der „überfällige Wechsel“ in der Lehrerausbildung vom Staatsexamen zum Bachelor- und Master-Studium. „Dies ermöglicht viel bessere Chancen, wenn ein Student doch nicht Lehrer, sondern sich beruflich anders orientieren will“, erklärte er. Erst mit dem Master sei der Anreiz geschaffen worden, dass Universitäten und Pädagogische Hochschulen zusammenarbeiten. Dies bringe einen „weiteren Bildungsaufbruch“. Helen Heberer (SPD) wies auf „individuelle Standortlösungen mit flexiblen Kooperationen“ hin. Lehrer sollen künftig auch in der IT- und Informationstechnologie geschult werden, aber auch in Integration und auf die Inklusion.
Gar nicht euphorisch zeigte sich die Opposition. Grün-Rot habe für die Reform „zu viel Zeit“ gebraucht, bemängelte Sabine Kurtz (CDU). Der Landesregierung gehe es um Strukturen und nicht um die Studierenden, kritisierte sie. Ihr missfällt auch, dass Heidelberg und Freiburg Bundeszuschüsse erhalten und Tübingen „in der Luft hängt“. Außerdem warf sie den Regierungsfraktionen vor, immer noch den Einheitslehrer im Hinterkopf zu haben.
Dass dieser „schlimmste Giftzahn“ der Volkholz-Kommission in der Schublade liege, führt Timm Kern (FDP) auf den Proteststurm der Praktiker, von der Landtagsopposition und der SPD zurück. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) habe die faktische Alleinzuständigkeit für die Lehrerbildung wieder von Frau Bauer eingesammelt, die diese sich „zu Zeiten der Kultusministerin Warminski-Leitheußer (SPD) an sich gerissen hat“. Nun scheine die Balance zwischen Kultus und Wissenschaft bei der Lehrerbildung wieder hergestellt.