Stuttgart. Die Koalition wankte, aber sie fiel nicht. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung wehrten Grünen und CDU sich gegen eine „Skandalisierung“ der Tatsache, dass ihre Zusammenarbeit nicht nur auf dem Koalitionsvertrag, sondern auch auf Nebenabreden ruht, die bis vor wenigen Tagen geheim waren.
Mehr als zwei Stunden lang hat die Opposition am Mittwoch im Landtag Druck auf Grün-Schwarz gemacht. „Missachtung des Parlaments beenden – grün-schwarze Geheimabsprachen zum Haushalt müssen auf den Tisch des Hauses“ war die von der SPD beantragten aktuelle Debatte überschrieben. Anlass waren die vor einer Woche bekannt gewordenen Nebenabreden zum Koalitionsvertrag, darunter „eine Liste mit vom Haushaltsvorbehalt ausgenommenen Mehrbedarfen“: 43 Ausgabeposten, die auf jeden Fall umgesetzt werden sollen, egal, ob Geld da ist oder nicht.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte jedoch, dass auch für diese Vorhaben ein Haushaltsvorbehalt gelte. „Das sind die prioritären Projekte. So ist das gemeint“, sagte er. Er bat darum, „die Kirche im Dorf“ zu lassen und nicht so zu tun, „als hätten wir etwas Unrechtes getan“. Die Notwendigkeit, eine Liste zu erstellen, begründete er mit diesen Worten: „Nur so können Sie vermeiden, dass es dauernd in grundlegenden Fragen zum Streit kommt.“
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch hatte die Debatte mit einem Zitat aus dem Koalitionsvertrag eröffnet. Grün-Schwarz wolle „staatliches Handeln so bürgernah und transparent wie möglich gestalten“, heiße es dort. „Seit Samstag wissen wir, dass diese Worte nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen.“ Stoch sprach von einer „Täuschung der Wähler und der eigenen Parteimitglieder“. Die Koalitionäre hätten sich „die Zustimmung zu dieser Koalition erschlichen“. Die Liste mache nicht nur die Grünen, sondern auch die CDU in Sachen Haushaltskonsolidierung unglaubwürdig.
In eine ähnliche Richtung argumentierten die Redner von FDP und AfD. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Sie haben die Öffentlichkeit hinters Licht geführt.“ Heiner Merz, Chef der alten AfD-Fraktion, formulierte: „Bei Verbergen und Heimlichkeiten ist die Lüge nicht weit.“ Jörg Meuthen, Chef der neuen AfD-Gruppe, ergänzte: „Sie verletzen damit das Königsrecht des Parlaments.“
Die Fraktionschefs von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Wolfgang Reinhart, räumten ein, dass auch sie bis vor einer Woche nicht eingeweiht waren. Dennoch verteidigten sie die Nebenabreden. Reinhart verwies darauf, dass es sich lediglich um politische Absichtserklärungen handele. Dass man bestimmte Vorhaben priorisiere und andere nicht, „das gehört zum politischen Geschäft“. Schwarz ergänzte, von einem Geheimpapier könne nicht die Rede sein, allenfalls von einer „ergänzenden Ergebnissicherung“. Das Thema eigne sich nicht zur „Skandalisierung“.