Stuttgart. Mit den Stimmen aller Fraktionen hat der Landtag in zweiter Lesung ein neues Landesrichtergesetz beschlossen, das die Mitbestimmungsrechte von Richtern und Staatsanwälten in Baden-Württemberg bei Personalentscheidungen stärkt. Präsidialräte und Hauptstaatsanwälte haben künftig auch ein Beteiligungsrecht bei Erprobungsabordnungen von Richtern und Staatsanwälten. Zudem regelt das Gesetz erstmals auch die Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie ein neues Verfahren im Disziplinarverfahrensrecht.
Fraktionsübergreifend gab es Lob für das konstruktive und zielorientierte Verfahren. Heribert Rech (CDU) lobte, dass von Anfang an ein Konsens unter den Beteiligten bestanden habe, dass mit der Stärkung der Autonomie der Justiz der richtige Weg beschritten werde. Der einzige Kritikpunkt der CDU – dass eine konkrete Ausgestaltung der Beteiligungsverfahren nicht im Gesetz enthalten sei – sei durch die Zusicherung des Justizministeriums, dies unterhalb der Gesetzesebene zu regeln, erledigt.
„Das Gesetz stärkt die Mitbestimmungsrechte von Richtern und Staatsanwälten und stellt einen weiteren Schritt zur Selbstverwaltung der Justiz dar“, sagte Jürgen Filius (Grüne), der die baden-württembergische Präsidialverfassung bundesweit als einzigartig bezeichnete. „Sie sichert die Unabhängigkeit der Dritten Gewalt gegenüber der Exekutive.“ Flius hob auch die von Richtern geleistete „hervorragende Vorbereitung“ des Gesetzes hevor.
Für die SPD kündigte der Abgeordnete Sascha Binder an, dass dieses Gesetz nur der erste Schritt dabei sei, Richter und Staatsanwälte weiter zu stärken. Der ehemalige FDP-Justizminister Ulrich Goll lobte das Gesetz als „großen Justizkonsens“. „Das Gesetz erhält sinnvolle Ergänzungen zum bestehenden System der personalauswahl, das sich bewährt hat“, sagte Goll.
Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sprach von einem „epochalen Schritt“. Es gebe mehr Mitbestimmung für Richter, Staatsanwälte würden weitgehend gleich gestellt, zudem seien Disziplinarrecht und Fortbildung bisher nicht geregelt gewesen. Auch seien noch nie so viel Richter und Staatsanwälte beteiligt gewesen. „Wir haben einen guten Weg beschritten, die Justiz zu beteiligen, und das Prinzip des 'gehört Werdens' nach innen zu praktizieren.“ Stickelberger: „Mit diesem Gesetz können wir uns mit unserer gerichtlichen Praxis draußen und drinnen sehen lassen.“