Stuttgart. Die CDU kritisierte am heutigen Donnerstag den Verkauf der LBBW-Immobilien an das Patrizia-Bieterkonsortium. Das Baden-Württemberg-Konsortium ging leer aus, weil es rund 30 Millionen Euro weniger geboten hatte. Das sei nicht im Interesse des Landes und der rund 60 000 Mieter, denen nun Mieterhöhungen drohten, so die Sicht der CDU. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) verteidigte den Verkauf. Man habe rechtlich nicht anders entscheiden können. Außerdem seien beide Bieter an einer nachhaltigen Strategie interessiert. Die Sozialcharta sorge gleichfalls dafür, dass die Interessen der Mieter gewahrt blieben. Die Landesbank Baden-Württemberg hat die LBBW Immobilien GmbH mit ihren 21000 Wohnungen für rund 1,43 Milliarden Euro an das Patrizia-Bieterkonsortium verkauft. Die LBBW war durch EU-Vorgaben verpflichtet, ihre Immobilien GmbH bestmöglich zu veräußern. Das Baden-Württemberg Konsortium - bestehend aus der Stuttgarter Wohnungsbaugesellschaft GWG, einer Tochter einer Versicherung und der Stadt Stuttgart - ging leer aus, obwohl es aus Sicht der CDU höhere Sicherheiten für die Mieter garantiert hätte.
Reinhard Löffler (CDU) warf dem Finanzminister vor, sich nicht genügend für den Verkauf an das BW-Konsortium eingesetzt zu haben. Die Möglichkeiten dafür hätte er gehabt. „Ein geringfügig höherer Veräußerungserlös hat Vorrang gegenüber dem sozialen und materiellen Wert der langfristigen Garantien des BW-Konsortiums für Mieter und Beschäftigte der LBBW-Immobilien und Kommunen gehabt“. Zwar sei das Angebot für die LBBW ein wirtschaftlicher Erfolg, aber für die Mieter könne man dies nicht sagen.
Die Landesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag indirekt zugesagt, sich für einen Verkauf der Immobilien an das BW-Konsortium einzusetzen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Nils Schmid hätten diese Zusagen nicht gehalten.
Außerdem sei die Sozialcharta wertlos. Sie lasse dem Finanzinvestor zu viele Möglichkeiten, die Mietpreise zu erhöhen. „Das ist eine Politik der sozialen Kälte, die sogar die Hölle einfrieren lässt“, sagte Löffler. Er warf Schmid eine neoliberale Politik vor und stellte in Fragen, ob der Minister noch tragbar sei: „Für 30 Millionen Silberlinge haben sie die Mieter verraten.“ Diese Kritik wies Schmid zurück. Die Diskussion sei scheinheilig. Bei dem Verkauf des Wohnungsbestands der LBBW Immobilien handelte es sich um kein originär vom Land durchgeführtes Verkaufsverfahren. Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wohnungen würden ausschließlich das operative Geschäft der LBBW betreffen.
Als Aufsichtsratsvorsitzender hätten er und seine Kollegen dem Verkauf lediglich zustimmen oder ablehnen, aber das Angebot inhaltlich nicht beeinflussen können. „Es war eine wirtschaftliche Entscheidung und der Meistbietende hat den Zuschlag bekommen. Dabei waren rechtliche Bedingungen ausschlaggebend“, so Schmid. „Es gab keine Möglichkeit der Nachverhandlung“, stellte er fest. Für die LBBW habe man den größtmöglichen wirtschaften Erfolg realisiert, wobei die Sozialcharta den Mietern Sicherheiten böte, die über das vorgeschriebene gesetzliche Maß hinausgingen. Der Verkauf habe sich nach wirtschaftlichen Grundsätzen und nach den Grundsätzen der Diskriminierungsfreiheit gerichtet. Eine Vorfestlegung auf das BW-Konsortium sei nicht möglich gewesen ebenso wenig wie ein Verkauf unter Marktpreis.
Die Sicht des Ministers wurde von den übrigen Parteien geteilt. Hans-Ulrich Rülke (FDP) sah keine Beanstandungen. Lediglich die nicht gehaltenen Ankündigungen, die im Koalitionsvertrag stünden, zeugten von der Blauäugigkeit und Inkompetenz der Regierung.
Grüne und SPD sehen die Schuld bei den Verantwortlichen des BW-Konsortiums. Man habe vieles versucht, um die Immobilien an diese zu verkaufen. Doch aus unerklärlichen Gründen habe das BW-Konsortium ihr erstes Angebot erst drastisch reduziert und dann nicht mehr erhöht, obwohl man die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Das sei bedauerlich aber selbst verschuldet. Im Koalitionsvertrag habe man lediglich Erwartungen formuliert, keine Feststellungen. Die „inszenierte Dolchstoßlegende der CDU sei der eigentliche Skandal, sagte Muhterem Aras (Grüne). Sie verteidigte die Vereinbarungen der Sozialcharta, denen ja auch der CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Schuster zugestimmt hatte. Stefan Fulst-Blei betonte, dass der Vorwurf der CDU die Landesregierung kümmere sich nicht genug um die Mieter, genauso haltlos sei, wie die These, dass die Landesregierung die Verkaufsentscheidung hätte beeinflussen können. „Es ist keine alternative Verkaufsentscheidung möglich gewesen.“ Man sei nach Recht, Gesetz und der EU-Auflage verfahren. Ebenfalls sei der Schutz der LBBW-Beschäftigten gewährleistet.