Stuttgart. Mit dem Gesetz zur Abwicklung der staatlichen Notariate und zur Anpassung von Vorschriften zu Grundbucheinsichtsstellen wird in Baden-Württemberg die seit 2009 laufende Notariatsreform abgeschlossen. Für das Inkrafttreten der Reform am 1. Januar 2018 seien weitere Überleitungsbestimmungen notwendig, sagte Justizminister Guido Wolf (CDU) am Donnerstag bei der Einbringung des Gesetzentwurfs im Landtag.
Das Gesetz, im Wesentlichen von Wolfs Amtsvorgänger Rainer Stickelberger (SPD) vorbereitet, regelt die Ausgestaltung des Amts der Notariatsabwickler und passt das Landesbesoldungsgesetz an die sich aus der Reform ergebenden Auswirkungen im Hinblick auf Ämter der im Landesdienst verbleibenden Angehörigen des württembergischen Bezirksnotardienstes an. Die staatlichen Notariate müssen als Landesbehörde bis zu ihrer Auflösung am 31. Dezember 2017 beurkunden, um die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit notariellen Dienstleistungen sicherzustellen. Da die Mehrzahl der notariellen Geschäfte mit dem Ende des Beurkundungstermins noch nicht abgeschlossen ist, werde eine beträchtliche Zahl notarieller Geschäfte am Reformstichtag zwar begonnen, aber noch nicht beendet sein.
Für die sachgerechte Beendigung dieser Geschäfte trage das Land Verantwortung, ansonsten würden erhebliche Schadensersatzforderungen drohen, begründete Wolf das Gesetz. Deshalb werden vom Land Notariatsabwickler bestellt, die vom 1. Januar 2018 an die Geschäfte der staatlichen Notariate abwickeln. Der Notariatsabwickler ist nicht Landesbeamter, sondern selbstständiger Inhaber eines ihm vom Staat auf begrenzte Zeit übertragenen öffentlichen Amts. Dafür werden ehemalige Notariate im Landesdienst – Statuswechsler und im Landesdienst verbleibende Notare – bestellt. Durch das Gesetz beugt das Land auch der Gefahr vor, dass rechtssuchende Bürger im Jahr 2017 Beurkundungen bei staatlichen Notariaten meiden, was die Gebühreneinnahmen des Landes beeinträchtigen würde.
Das Gesetz sei der letzte Schritt zur endgültigen Auflösung der staatlichen Notariate, sagte Thomas Hentschel (Grüne). Es werde damit nicht nur Rechtssicherheit gewährleistet, sondern auch das Mammutprogramm der Auflösung über drei Regierungsperioden beendet. Zudem werde das Land seiner Verantwortung gerecht, den Bürger im Notariatswesen nicht allein zu lassen.
Auch Marion Geltges (CDU) wies darauf hin, dass mit dem Gesetz die bundesweit einmalige Konstellation des Notariatswesen in Baden-Württemberg mit Bezirksnotaren im gehobenen Dienst in Württemberg und den Amtsnotaren in Baden im höheren Dienst beendet wird. „Alle staatlichen Notariate werden aufgelöst“, sagte sie. Die früheren Bezirksnotare können an Grundbuchämtern oder Nachlassgerichten weiter im Landesdienst bleiben undwürden durch das Gesetz auch die Möglichkeit zur Beförderung nach A 13 und A 14 haben. Die Amtsnotare bleiben – etwa als Richter - im Landesdienst. Beide Notargruppen könnten auch Notariatsabwickler werden oder in die Selbstständigkeit wechseln.
Mit ihrer Feststellung, die Auflösung der staatlichen Notariate sei in der Zeit der Schwarz-Gelben Landesregierung „das Anliegen der FDP“ gewesen, stieß Geltges auf Widerspruch der Liberalen. „Treibende Kraft war nicht die FDP, sondern die EU“, erklärte Ulrich Goll (FDP), die nach Klagen von badischen Notaren eine Änderung gefordert habe. Und die von der FDP vorgeschlagene Fortsetzung als Landesbetrieb sei an der CDU gescheitert. Das Gesetz selbst begrüßte Goll: Es puffere Risiken ab und gewährleiste lückenlose notarielle Leistungen. Außerdem scheine die Reform „ein Erfolg“ zu werden.
Die Reform sei „faktisch beschlossen und nicht mehr aufzuhalten“, sagte Rainer Balzer (AfD) in der Aussprache. Nach mehr als 200 Jahre werde einbewährtes Notariatswesen aufgelöst. Das Land verzichte damit auf jährliche Einnahmen von 60 bis 120 Millionen Euro. Dieses Geld fließe künftig in private Taschen. „Einen Wettbewerb der Systeme gibt es nicht mehr“, bilanzierte Balzer. Er forderte eine strikte Kontrolle der Notariatsabwickler.
Die Notariatsreform sei ein „beschwerlicher Weg“, vor allem für die Notariate im Staatsdienst, konstatierte Sascha Binder (SPD). Deshalb müsse die Reform „so sozialverträglich wie möglich“ erfolgen. Allerdings seien Frühpensionen der Notariatsbeamten mit 60 nicht möglich. Binder äußerte die Hoffnung, dass das Land ab 2018 über ein weiter funktionsfähiges Notariatswesen verfügen kann.