Stuttgart. Hat das Staatsministerium im Oktober 2011 personenbezogene Auskünfte über laufende Straf- und Ermittlungsverfahren gegen Stuttgart-21-Gegner und -Befürworter vom Justizministerium verlangt und damit in die Hoheit des Justiz eingegriffen sowie den Datenschutz missachtet? Diese Frage wollte die FDP-Fraktion in einer aktuellen Landtagsdebatte beantwortet haben. Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) antwortete zweimal mit einem deutlichen „Nein“.
Sie schilderte Grund und Formulierung einer Anfrage, die damals laut Krebs per Mail auf Arbeitsebene ohne explizites Wissen der Amtsspitze gestellt worden war: Es seien darin zur Beantwortung von Bürgerbriefen zwar Daten und Informationen abgefragt worden, aber keine personenbezogenen; zudem habe der Ständige Ausschuss des Landtag exakt die gleiche Anfrage ein halbes Jahr zuvor gestellt; das Staatsministerium habe die gleiche Antwort erhalten. Krebs nannte dies einen „ganz normalen Vorgang“ und sprach von einem verzweifelten Versuch der Opposition, „uns einen Skandal ans Bein zu binden“.
Die Opposition wollte dies nicht gelten lassen und beharrte auf einer entsprechenden Deutung einer Formulierung in der Mail. „Was wollten Sie mit diesen Daten?“ fragte Timm Kern (FDP) und forderte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dazu auf, sich selbst zu äußern. Auch der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke forderte Aufklärung vom Ministerpräsidenten selbst und kritisierte, dass diese ausblieb. „Sie wollten personenbezogene Daten, haben sie aber nicht bekommen“, so Rülke. „Was wollten Sie damit? Was hat das Staatsministerium in den Angelegenheiten der Justiz zu schaffen?“ Rülke zeigte sich überzeugt, dass das Staatsministerium andere Ziele mit der Anfrage verfolgt habe, als zugegeben wurde.
Der CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler warf der Landesregierung vor, die Unabhängigkeit der Justiz in Frage zu stellen. „Meine Fraktion und ich wollen in diesem Land keinen grünen Überwachungsstaat“, sagte Löffler. „Die heimlichen Aktivitäten des Staatsministeriums machen Angst. Wozu sammeln Sie die Daten von Gegnern und Befürwortern?“ Löfflers Forderung, die betreffende Mail nicht zu verheimlichen, sondern vorzulegen, lief allerdings ins Leere: Sascha Bender (SPD) wies darauf hin, dass diese Mail längst in den Akten des Untersuchungsausschusses zum „Schwarzen Donnerstag“ vorliege und auch für die Oppositionsfraktionen einsehbar sei. „Sie haben Sie offenbar nicht gelesen, sonst wüssten Sie, von wem sie kommt und was darin abgefragt wird“, sagte Bender in Richtung Opposition.
Auch Uli Sckerl (Grüne) wies den Vorwurf, die Landesregierung übe Einflussnahme auf die Justiz und Ermittlungsverfahren aus, entschieden zurück. „Es gibt an keiner Stelle eine Einflussnahme, wie von Ihnen behauptet. Selbstverständlich achten wir die die Gewaltenteilung.“ Sckerl nannt die Debatte ein Ablenkungsmanöver dafür, dass die Aufklärung der Ereignisse rund um den Schwarzen Donnerstag im Untersuchungsausschuss nicht mehr im Zentrum des Interesses von CDU und FDP stehe. „Viel Lärm um nichts“, so Sckerl.