Untersuchungsausschuss will Rechtsgutachten im Streit um Gutachtenherausgabe einholen

07.05.2018 
Von: schl
 
Redaktion
 
Foto: Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg

Foto: Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg

Stuttgart. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) hat an diesem Montag zum zweiten Mal vor dem Untersuchungsausschuss zur Zulagenaffäre an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg Rede und Antwort gestanden. In nicht-öffentlicher Sitzung hat sie erläutert, warum sie ein von der Hochschule Ludwigsburg in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten nicht dem Ausschuss weiterleiten lassen will.

Die Ministerin ist der Auffassung, dass die Expertise ein laufender Verwaltungsvorgang ist. Es hat Auswirkungen auf das Regierungshandeln. Sie müsse darauf bestehen, dass der Untersuchungsausschuss mit abgeschlossenem Regierungshandeln befasst, sagte Bauer im Anschluss vor Pressevertretern. Sie machte deutlich, dass die erneute Prüfung einer Rücknahmemöglichkeit der Zulagen, die rechtswidrig an 13 Professoren der Hochschule gezahlt werden, nicht vom Untersuchungsausschuss behandelt werden kann. Bauer verwies dabei sowohl auf Gerichtsurteile zum Thema abgeschlossenes Regierungshandeln als auch auf das Prinzip der Gewaltenteilung, das einzuhalten sei. Der U-Ausschuss könne nicht mitregieren.

Diese Auffassung Bauers wird vom Untersuchungsausschuss in weiten Teilen nicht geteilt. Die Mitglieder des U-Ausschusses haben deshalb einstimmig beschlossen, ein Rechtsgutachten einzuholen, um zu  klären, ob das Ministerium das Gutachten herausgeben muss oder nicht. Sollte dieses Rechtsgutachten zur Auffassung kommen, dass das Gutachten an den Untersuchungsausschuss herausgegeben werden muss, könnte dies rechtliche Schritte nach sich ziehen, wenn das Ministerium sich dann immer noch weigern sollte.

Auch vom Ausschuss angeforderte Details zur Situation an der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung gab Bauer nicht preis. Die Bearbeitung der Fälle sei noch im Gange. Die Opposition warf Bauer mangelndes Aufklärungsinteresse vor, während Grünen-Obmann Thomas Hentschel Verständnis für ihr Haltung zeigte. SPD-Obmann Sascha Binder sagte: "Wer in Sonntagsreden die Arbeit des Untersuchungsausschusses lobt, sollte werktags mit offenen Karten spielen." Die von Bauer vielzitierte Hochschulautonomie gelte offenbar nicht für die Entscheidung von Hochschulrektor Wolfgang Ernst, das Gutachten dem Gremium bereit zu stellen. Der Rektor hatte die Expertise in Auftrag gegeben.

Bauer selbst sorgt sich im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss und der Debatte über Zulagen vor allem darum, dass das Zulagensystem in der Öffentlichkeit zunehmend in Misskredit gerate. Zulagen seien nicht gleich Affaire, machte die Ministerin deutlich. Diese Debatte schade dem Wissenschaftsstandort insgesamt. "Wir können international nicht erfolgreich sein, wenn wir Einheitsgehälter zahlen", so Bauer. Sie betonte, dass die Zulagen wichtig seien und dass es auch richtig sei, dass deren Vergabe in der Hand der Hochschulleitung liege. Im Gegenzug müsse aber von der Hochschulleitung auch eingefordert werden, Zulagen rechtmäßig zu vergeben.

Grundsätzlich können Professoren drei verschiedene Leistungsbezüge erhalten: Berufungs- und Bleibeleistungsbezüge, Funktionsleistungsbezüge und besondere Leistungsbezüge. Je nach dem, um welche Leistungsbezüge es sich handelt, können sie zeitlich begrenzt oder auf Dauer vergeben werden. Sie können ruhegehaltsfähig sein oder auch nicht.  Diese leistungsbezogenen Komponenten wurden 2005 mit der neuen W-Besoldung eingeführt. Diese sieht ein niedrigeres Grundgehalt als die frühere C-Besoldung vor, belohnt aber zugleich besondere Leistungen von Professoren über Zulagen.

Der Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" befasst sich mit den Extra-Zahlungen an 13 Professoren an der Verwaltungshochschule. Diese Zahlungen wurden in Gutachten als rechtswidrig eingestuft. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat ihre Ermittlungen in dem Fall bereits abgeschlossen. Sie hatte Anklage gegen den Ex-Kanzler, den Ex-Rektor und die 13 Professoren wegen Untreue und Beihilfe dazu erhoben.

Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft auch noch in weiteren Fällen eingeschaltet. Die Anklagebehörde in Stuttgart ermittelt noch gegen einen ehemaligen Professor der Verwaltungshochschule Ludwigsburg, der einer Studentin den Zugang zu Prüfungsaufgaben gewährt haben soll. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft darüberhinaus ein mögliches Ermittlungsverfahren wegen vier Fällen von Berufungsleistungszulagen an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

In Heidelberg ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen zwölf Fällen an der dortigen Pädagogischen Hochschule. In Mannheim sind Vorermittlungen wegen eines Falles an der Universität im Gange, dabei ging es allerdings nur um eine einmalige Zahlung in Höhe von unter 300 Euro. An der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung waren in 70 Fällen Zulagen fehlerhaft vergeben worden. In einer Vorprüfung lotet die Staatsanwaltschaft aus, ob deshalb ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss.


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Titelbild Staatsanzeiger