Stuttgart. Eltern sollen die Grundschulempfehlung ihres Kindes künftig wieder der weiterführenden Schule vorlegen müssen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, den Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) an diesem Donnerstag in den Landtag eingebracht wurde.
Sie will mit der Schulgesetzänderung erreichen, dass sich die weiterführenden Schulen organisatorisch und pädagogisch besser auf die Fünftklässler einstellen können. Dadurch sollen die Schüler von Anfang an besser gefördert werden können. Die Entscheidung, auf welche Schulart ein Kind nach der Grundschule wechselt, liegt weiterhin bei den Familien.
Der zweite Punkt der Schulgesetzänderung betrifft die Realschulen, die Eisenmann als Rückgrad des Schulsystems bezeichnete. Durch die sehr heterogene Schülerschaft - mit Haupt- und Werkrealschulempfehlung, mit Realschulempfehlung und mit Gymnasialempfehlung - sollen die Schulen künftig mehr Flexibilität bei der Leistungsdifferenzierung bekommen. Sie sollen selbst entscheiden können, ob sie die Schüler nach Leistung in Gruppen, Klassen oder Zügen unterrichten. Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen sie pro Zug 20 Poolstunden erhalten.
Zustimmung zu ihren Plänen erhielt Eisenmann von allen Fraktionen mit Ausnahme der SPD. Diese sprach mit Blick auf die Vorlage der Grundschulempfehlung von einem Mißtrauensvotum gegen die Eltern. Die Grundschulempfehlung habe keinen diagnostischen Mehrwert und manifestiere soziale Ungerechtigkeiten, so der SPD-Abgeordnete Gerhard Kleinböck. Ihn stimme auch nachdenklich, dass die Grünen diesen Wechsel mitmachten. Die verbindliche Grundschulempfehlung war in der vergangenen Legislaturperiode unter Grün-Rot abgeschafft worden.
Rainer Balzer (AfD) sah dies anders und fragte, seit wann das Vorlegen eines Zeugnisses eine Mißtrauenserklärung sei. Seiner Meinung nach wäre es das Einfachste, bei der Anmeldung bei einer weiterführenden Schule das letzte Halbjahreszeugnis vorzulegen. Er forderte Mut zu Erziehung und Leistung.
Sandra Boser (Grüne) wies darauf hin, dass mit der Schulgesetzänderung zwei Punkte aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt würden. Für sie ist bei der Vorlage der Grundschulempfehlung wichtig, dass nach wie vor der Elternwille zählt. Außerdem gibt es die Lernstandsdiagnose in Klasse 5 weiterhin. Somit bekämen die Lehrer eine gute Rückmeldung zum tatsächlichen Lernstand. Wichtig ist ihr auch die gute Beratung der Eltern im Vorfeld der Wahl der weiterführenden Schule. Mit der Weiterentwicklung der Realschule wird nach Ansicht Bosers ein Weg fortgesetzt, der bereits unter Grün-Rot begonnen habe.
„Die Stärkung der Realschule ist uns ein Herzensanliegen“, sagt Karl-Wilhelm Röhm (CDU). Er sei dankbar, dass die Grünen den Schritt mitgingen. Die Realschulen eröffneten den Kindern künftig die Möglichkeit, an einer Schule den Hauptschulabschluss und den mittleren Bildungsabschluss zu machen. Diese Weiterentwicklung der Realschulen sieht die SPD kritisch. Gerhard Kleinböck sieht in der Außendifferenzierung eine Rückkehr zur starren Dreigliedrigkeit. Positiv beurteilte er nur, dass es künftig mehr Poolstunden für die Realschulen geben soll.
Timm Kern (FDP) monierte, dass es in dem Schulgesetz immer noch Paragrafen gäbe, die mit grüner Schrift geschrieben seien. Er bezeichnete die Gesetzesänderung als eine nachträgliche schadensbegrenzende Korrektur von grün-roter Schulpolitik. Es sei gut, dass die Grundschulempfehlung vorgelegt werden müsse. Doch dies solle nicht wie vorgesehen erst zum Schuljahr 2018/19 geschehen, sondern bereits zum kommenden Schuljahr. Er kündigte einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion an. Auch die Änderungen bei den Realschulen befürwortete er. Als schlecht bezeichnete er hingegen, dass das Sitzenbleiben nach Klasse 5 abgeschafft bliebe. Die Richtung des Gesetzes sei richtig, so Kern, doch er würde sich mehr Mut wünschen.
Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport überwiesen.