Stuttgart. Die Landtagsabgeordneten haben beschlossen, die Studiengebühren von 500 Euro pro Semester an Hochschulen zum Sommersemester 2012 abzuschaffen. Regierung und Opposition stritten sich vor allem über die Finanzierung der wegfallenden Gebühren.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sagte während der Beratung, dass das von der Regierung angestoßene Gesetz ein konzentriertes Studium ermögliche, ohne junge Menschen in Nebenjobs zu treiben. Die Gesellschaft stünde in der Pflicht, es zu ermöglichen, dass viele Talente ein Studium aufnehmen könnten. „Rund 15 Prozent der Studierenden an Hochschulen stammen aus bildungsfernen Schichten. Vor allem sie wollen wir durch die Abschaffung der Studiengebühren unterstützen.“ 280 Euro pro Kopf würden die Hochschulen aufgrund der wegfallenden Studiengebühren vom Land erhalten, so Bauer weiter.
Kai Schmidt-Eisenlohr, wissenschaftspolitischer Sprecher der Grünen, sagte in der Debatte: „Mit diesem Gesetz machen wir einen großen Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit und setzen ein Zeichen sozialer Verantwortung – mit einem fairen Hochschulzugang ohne finanzielle Hürde.“ Das Gesetz beinhalte, dass die Landesregierung mit Steuergeldern den staatlichen Hochschulen die Studiengebühr ersetze. Die Hochschulen würden einen vollen und an die Studierendenzahl dynamisch angepassten Ausgleich für den Gebührenausfall erhalten. Das bedeute für die Hochschulen berechenbare Finanzströme und damit eine neue finanzielle Sicherheit.
Das Vorhaben der Regierung, die wegfallenden Studiengebühren mit Steuermitteln zu kompensieren, kritisierte Andreas Deuschle (CDU): „Sobald die Steuereinnahmen stagnieren, wird sich zeigen, inwieweit die Hochschulen mit dem von ihnen eingebrachten Gesetzentwurf adäquat finanziert werden können.“
Timm Kern (FDP) sprach sich hingegen für nachgelagerte Studiengebühren aus. Bei diesen würden die Gebühren zur Rückzahlung erst nach dem Erreichen einer bestimmten Einkommensgrenze fällig. „Ich bin überzeugt, wenn die Koalition heute die Abstimmung frei geben würde, gäbe es hier im Haus eine satte Mehrheit für das Modell der sogenannten nachlaufenden Studiengebühren. So könnte eine Politik des Gehörtwerdens auch glaubwürdig gelebt werden.“
Johannes Stober (SPD) sagte in der Debatte, dass eine Studie der Hochschul-Informations-System GmbH von 2008 zeige, dass aufgrund der Studiengebühren drei bis sechs Prozent der potentiellen Studierenden das Studium nicht oder bloß zögerlich aufnehme.
Kern wies dagegen auf eine im Oktober veröffentlichte Studie des Wissenschaftszentrums Berlin hin: „Diese stellt überzeugend dar, dass Studiengebühren nicht von der Aufnahme eines Studiums abschrecken.“ Auch seien Studiengebühren nicht sozial ungerecht. Es würden statistisch betrachtet in erster Linie diejenigen subventioniert, die durchaus in der Lage wären, Studiengebühren zu bezahlen.