Stuttgart. In der Landesverfassung von Baden-Württemberg wird vorerst keine Schuldenbremse verankert. Die FDP-Fraktion scheiterte am Mittwoch im Landtag mit einer entsprechenden Gesetzesvorlage. In zweiter Lesung lehnten die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD die Initiative ab. In der Aussprache bezeichnete Finanz- und Wirtschafts-Staatssekretär Ingo Rust (SPD) die Vorlage als unseriös.
Wenn die Opposition die Haushaltspolitik von Grün-Rot kritisiere, müsse sie auch Vorschläge bringen, wo gespart werden könne, sagte Rust und schloss sich damit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an, der in der Vergangenheit zu den Forderungen der Opposition stets betont hatte, wer schneller als von der Regierung geplant sparen wolle, müsse gleichzeitig sagen, wie dies gehen soll.
Grün-Rot mache bis 2020 jedenfalls weniger Schulden als CDU/FDP in den Jahren ihrer Regierungszeit. Den von der CDU immer wieder ins Feld geführte Vergleich mit Bayern bezeichnete Rust als unseriös. Durch den höheren Schuldenberg von Baden-Württemberg (43,3 Milliarden Euro) gegenüber Bayern (21,5 Milliarden Euro) zahle der Südwesten allein zwei Milliarden Euro Zinsen pro Jahr (Bayern 630 Millionen Euro). Außerdem stocke Baden-Württemberg die Pensionsrücklage um eine Milliarde Euro jährlich auf, Bayern wesentlich weniger.
Wilfried Mack (CDU) erinnerte Kretschmann daran, dass er in der Opposition stets die Schuldenbremse und die Nullverschuldung gefordert habe, heute aber nichts mehr davon wissen wolle. Baden-Württemberg mache wie alle Länder, in denen SPD und Grüne regierten, neue Schulden. Statt ein „Musterländle“ zu sein, schließe sich der Südwesten Ländern wie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder Bremen an. Schuldenabbau und Konsolidierung finde nicht statt, kritisierte Mack. So plane Grün-Rot bis 2020 insgesamt sieben Milliarden Euro neue Schulden. Er forderte von der Regierung eine Auf- und Ausgabenkritik und warf dem Ministerpräsidenten vor, bei ihm gehe die Schere zwischen Reden und Handeln weit auseinander.
„Baden-Württemberg steht an vorderster Stelle, seit wir regieren“, entgegnete Muhterem Aras (Grüne) unter Gelächter der Opposition und Beifall der Regierungsfraktionen. Baden-Württemberg habe das Triple-A in der Bewertung. Zudem habe Grün-Rot als erste Regierung im Südwesten einen verbindlichen Finanzplan bis 2020 aufgestellt. Den Vorwurf des Schuldenmachens konterte Aras mit der Aussage: „Wir haben noch keinen Cent für Neuverschuldung gebraucht.“ Der Opposition warf sie „wirres Denken“ vor; Landespolitik sei nicht nach Beliebkeit zu machen.
Ein ausgeglichener Haushalt sei keine Frage des Könnens, sondern des Wollens, konstatierte Hans Ulrich Rülke. Aus Sicht des FDP-Fraktionschefs könnte die Schuldenbremse „sofort umgesetzt“ werden. Grün-Rot warf er vor, zu ihren Oppositionszeiten vehement für eine Verschärfung der Landeshaushaltsordnung plädiert zu haben und nun die Landeshaushaltsordnung in ihrem Sinne geändert zu haben. Die FDP wolle mit dem Gesetz einen Mittelweg aufzeigen, wie man nicht sofort, aber auch nicht erst 2020 zur Nullverschuldung komme, sondern eben 2016. „Sie wollen Ihre Politik zu 100 Prozent durchsetzen“, warf er Grün-Rot vor und sprach von einer „märchenhaften Regierungsauffassung“.
Klaus Maier (SPD) konterte die Angriffe - er sieht im Vorgehen von CDU und FDP lediglich das Ziel, die Regierung vorzuführen. Dabei habe Baden-Württemberg eine ausgezeichnete Bonität, verdeckte Schulden würden sukzessive abgetragen. Andererseits dürfe man den Haushalt auch nicht kaputt sparen. Der Finanzplan 2020 gehe über die mittelfristige Finanzplanung hinaus. „Was wollen Sie mehr?“, fragte Maier in Richtung Opposition. Er kritisierte CDU und FDP, keine konkreten Sparvorschläge zu machen.